Die Umgebungslärmrichtlinie und der Stand ihrer Umsetzung
Ministerialrat Dr. Franz Feldmann vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gab in seinem Referat einen Überblick über die EU-Umgebungslärmrichtlinie und den Stand ihrer Umsetzung in nationales Recht. Er wies zunächst auf die Ziele der Richtlinie hin. Diese solle ein gemeinsames Konzept festlegen, um vorzugsweise schädliche Auswirkungen einschließlich Belästigungen durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern. Als Instrumente hierfür stelle die Richtlinie zum einen strategische Lärmkarten und zum anderen Lärmminderungspläne zur Verfügung. In einem ersten Schritt seien in den strategischen Lärmkarten bestimmte Lärmschwerpunkte, nämlich Ballungsräume, Hauptverkehrsstraßen, Hauptstrecken der Bahn und große Verkehrsflughäfen zu erfassen. An die Lärmkartierung schließe sich das Aufstellen von Lärmminderungsplänen an, in denen Maßnahmen zur Bekämpfung des Umgebungslärms und zur Bewahrung ruhiger Gebiete gegen die Zunahme von Lärm vorzusehen seien. Sodann ging Dr. Feldmann auf Fragen des Umsetzungsbedarfs ein. Das bislang im Immissionsschutzrecht bereitgestellte Instrumentarium, insbesondere § 47 a BImSchG, reiche nicht aus. Das derzeit bestehende Immissionsschutzrecht eigne sich schon deshalb nicht, weil die Richtlinie sich gegen jegliche Art von Lärm und nicht nur gegen „schädliche Umwelteinwirkungen“ richte. Es gehe in der Umgebungslärmrichtlinie nicht um Gefahrenabwehr, auch bestehe kein Konditionalprogramm. Dr. Feldmann erklärte, das Bundesumweltministerium strebe eine einheitliche Umsetzung der Richtlinie im Bundes-Immissionsschutzgesetz an, ein Transfer der Richtlinienvorgaben in die einzelnen Fachplanungsgesetze sei nicht vorgesehen. Auf untergesetzlicher Ebene sei eine einheitliche Verordnung in den Bereichen des von der Richtlinie erfassten Verkehrs- sowie Industrie- und Gewerbelärms vorgesehen. Vorgaben für das Berechnungsverfahren blieben fachspezifischen Verwaltungsvorschriften vorbehalten. Seinen Vortrag schloss Dr. Feldmann mit dem Hinweis, dass es der Bundesregierung auf eine handlungsorientierte Umsetzung der Richtlinie ankomme, die dann auch tatsächlich zu einer effektiven Lärmminderung führe. Ein Gesetzesentwurf des Bundesumweltministeriums liege bereits vor, der derzeit abgestimmt werde. In der sich anschließenden Diskussion zeigte sich, dass allgemein Unsicherheit darüber besteht, welche Wirkungen die Lärmminderungspläne haben werden. Dr. Feldmann wies darauf hin, dass sich Lärmminderungspläne in erster Linie an bereits bestehende Anlagen richteten, es insoweit also vor allem um „Lärmsanierungen“ gehe. Professor Ziekow vertrat demgegenüber die Auffassung, die in Lärmminderungsplänen festgelegten Zielwerte könnten in der planerischen Abwägung bei der Neuzulassung von Vorhaben kaum ignoriert werden. Unklar ist weiterhin, wie die Kosten der Lärmminderungsmaßnahmen bzw. der Lärmminderungsplanung verteilt werden sollen.
Lärmsummationen
Professor Dr. Hans-Peter Michler, Fachhochschule Trier – Umwelt-Campus Birkenfeld, äußerte sich in seinem Vortrag zu dem Problem der Lärmsummationen. Obwohl das Bundes-Immissionsschutzgesetz einen akzeptorbezogenen Ansatz verfolge, vom Grundsatz her also eine summative Betrachtung erfordere, sähen die einschlägigen technischen Regelwerke Lärm vorwiegend als Problem der einzelnen Anlage. Ausnahmen wie etwa die TA Lärm, die 18. BImSchV oder die Freizeitlärm-Richtlinie beschränkten sich auf die Berücksichtigung von Lärm aus gleichartigen Quellen. Sowohl im Hinblick auf Verkehrswege als auch in Bezug auf Fluglärm habe das Bundesverwaltungsgericht die Notwendigkeit einer Bildung von Summenpegeln verneint. Allerdings – so Professor Michler – lasse die vom Bundesverwaltungsgericht hierfür gegebene Begründung Raum für Ausnahmen. Ein solcher Ausnahmefall liege z. B. vor, wenn zwei Vorhaben gleichzeitig neu geplant würden oder wenn ein atypisch gelagerter Sachverhalt vorliege. Denkbar sei eine Gesamtlärmbetrachtung außerdem im Falle einer wesentlichen Änderung. Die Beurteilung beschränke sich dann selbstverständlich nicht auf den Lärmzuwachs, sondern auf die Gesamtlärmbelastung. Schließlich wies Professor Michler auf Probleme hin, die sich im Zusammenhang mit einer Gesamtlärmbetrachtung ergäben. So fehle es z. B. an einem Modell zur Ermittlung und Bewertung von Gesamtlärm. Rechtliche Probleme resultierten daraus, dass mehreren Verursachern die Kostenbelastung für Lärmminderungsmaßnahmen zugerechnet werden müsse.
SUP-Richtlinie
Über den Stand der Umsetzung der EU-Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme vom 27.06.2001 (SUP-Richtlinie) referierte Dr. Christof Sangenstedt, Ministerialrat im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Das Bundesumweltministerium habe inzwischen den Entwurf eines „SUP-Stammgesetzes“ vorgelegt, der derzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt werde. Der Erlass besonderer Vorschriften für die strategische Umweltprüfung (SUP) in der Bauleitplanung und in der Raumordnung enthalte der Entwurf des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau, der sich bereits in der parlamentarischen Beratung befinde. Dr. Sangenstedt wies zunächst auf die kompetenzrechtlichen Schwierigkeiten hin, auf die die Umsetzungsbemühungen stießen. Beabsichtigt sei eine Implementierung der allgemeinen Vorschriften über die SUP in einem gesonderten Teil des UVP-Gesetzes. Ergänzende oder spezielle SUP-Bestimmungen müssten darüber hinaus im Fachrecht getroffen werden. Besonderes Augenmerk gelte bei der Umsetzung der EU-Rechtskonformität, der Klarheit und der Praxistauglichkeit. In den Anwendungsbereich der SUP-Bestimmungen fielen nicht nur Nutzungs- sondern auch Schutzplanungen, da die Verlagerung von Umweltbeeinträchtigungen durch Schutzplanungen nicht auszuschließen sei. In Einklang mit der EU-Richtlinie würden die nationalen SUP-Bestimmungen auch ein Monitoring vorsehen. Mit der Forderung nach einem Verzicht auf eine Überwachung habe man sich in Brüssel nicht durchsetzen können. Angesichts der erheblichen Spielräume, die dem nationalen Gesetzgeber hier zugestanden würden, sei aber eine Ausgestaltung möglich, die zu keiner allzu hohen Belastung der vollziehenden Behörden führe. In dem sich anschließenden Co-Referat untersuchte Professor Dr. Reinhard Hendler, Universität Trier, ob in den Anwendungsbereich der SUP-Richtlinie auch die einzelnen Planungsakte im Rahmen der Verkehrswegeplanung des Bundes fallen. Unter Anwendung der von ihm zunächst herausgearbeiteten Kriterien gelangte Professor Hendler zu dem Ergebnis, dass der Bundesverkehrswegeplan, die Bedarfspläne für die Bundesfernstraßen und die Bundesschienenwege und die Linienbestimmungen für die Bundesfernstraßen und die Bundeswasserstraßen einer strategischen Umweltplanung gemäß SUP-Richtlinie bedürfen. In der sich anschließenden Aussprache ging es vor allem darum, ob die Durchführung einer strategischen Umweltprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung auf den genannten Planungsebenen praktikabel ist. Die Referenten räumten ein, dass mit einem gewissen Mehraufwand zu rechnen sei, sie wiesen jedoch zugleich darauf hin, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht den Anforderungen an die Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren entsprechen müsse. Insbesondere werde man die Öffentlichkeitsbeteiligung so ausgestalten müssen, dass kein Erörterungstermin stattfindet. Abgerundet wurde die Thematik der SUP-Richtlinie durch zwei Beiträge von Professor Dr. Christian Jacoby, Universität der Bundeswehr München, und Theophil Weick, Geschäftsführer und leitender Planer der Planungsgemeinschaft Westpfalz. Professor Jacoby berichtete über das vom Umweltbundesamt geförderte Forschungsvorhaben „Umsetzung der Plan-/Programm-UVP-Richtlinie der EG, TV 2: Umweltprüfung ausgewählter Regionalpläne (Praxistest)“. Im Zuge des Forschungsvorhabens wurden bei der Fortschreibung verschiedener Regionalpläne testweise und auf freiwilliger Basis Umweltprüfungen, wie sie nach SUP-Richtlinie denkbar sind, durchgeführt. Herr Weick ging in seinem Vortrag speziell auf die Gesamtfortschreibung des Raumordnungsplans der Planungsregion Westpfalz ein.
Artenschutz in der Fachplanung
Im Abschlussvortrag gab Professor Dr. Hans Walter Louis vom Niedersächsischen Umweltministerium einen Überblick über die Anwendung von Artenschutzbestimmungen in der Fachplanung. Nach einer kurzen Einführung ging er vertieft auf die Vorschrift des § 42 Abs. 2 BNatSchG ein, wonach besonders und streng geschützte Arten nicht gefangen, verletzt oder getötet werden und ihre Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten nicht der Natur entnommen, beschädigt oder zerstört werden dürfen. Professor Louis machte deutlich, dass diese Vorschrift für die Fachplanung eine erhebliche Rolle spielt. Sodann ging er auf die Ausnahmebestimmungen des § 43 BNatSchG ein, in denen geregelt ist, wann das Zugriffsverbot des § 42 BNatSchG ausnahmsweise nicht gilt. Für die Fachplanung besonders relevant sei hier der Ausnahmetatbestand des § 43 Abs. 4 Nr. 2 BNatSchG, wonach das Zugriffsverbot bei zugelassenen Eingriffen in Natur und Landschaft entfällt. Insgesamt wurde in dem Beitrag deutlich, wie komplex und schwierig das Instrumentarium des Artenschutzes ist und dass seine eigentliche Bedeutung wohl noch nicht erkannt worden ist.