Abfindungen bei Absatzmittlern sind Alltag. Insbesondere Handelsvertreter können am Ende ihrer Tätigkeit meist eine Ausgleichszahlung für die neu geschaffenen und ausgebauten Geschäftskontakte verlangen, von denen ihr Auftraggeber auch in Zukunft profitieren wird. Dies regelt § 89 b HGB.
Auch auf Vertragshändler wendet die Rechtsprechung § 89 b HGB an. Vertragshändler sind selbstständige Kaufleute, die den Vertrieb von Waren eines Herstellers im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausführen. Hersteller müssen damit bei Beendigung der Zusammenarbeit Ausgleichszahlungen befürchten.
Wann tatsächlich mit einem Ausgleichsanspruch zu rechnen ist, hat der BGH (Urteil vom 05.02.2015 – VII ZR 315/13)in diesem Jahr nun deutlicher gefasst:
Nach dem Urteil des BGH reicht die bloße Verkäufer-Käufer-Beziehung zwischen Hersteller und Vertragshändler nicht aus, um einen Ausgleichsanspruch zu begründen. Vielmehr soll ein Ausgleichsanspruch nur dann in Betracht kommen, wenn
der Vertragshändler so in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert ist, dass er zu einem großen Teil auch Aufgaben erfüllen muss, die eigentlich einem Handelsvertreter zukommen. Dabei ist zum Beispiel an die Vereinbarung ausführlicher Berichtspflichten, Pflichten zur Bevorratung, Mindestabnahmeverpflichtungen, Zuweisungen von Vertragsgebieten etc. zu denken und
der Vertragshändler vertraglich dazu verpflichtet wird, dem Hersteller seinen Kundenstamm zu übertragen. Der Vertragshändler muss in die Lage versetzt werden, bei Beendigung des Vertrages „den Kundenstamm des Händlers sofort und ohne weiteres für sich nutzbar zu machen“.
Bemerkenswert an der Entscheidung:
Schließt der Hersteller mit dem Vertragshändler gleichzeitig eine Kundenbetreuungsvereinbarung zu Betreuungs- und Marktforschungszwecken, die den Vertragshändler zur laufenden Übermittlung der wesentlichen Kundendaten verpflichtet, folgt auch hieraus noch kein Ausgleichsanspruch. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Hersteller gleichzeitig dazu verpflichtet hat, die überlassenen Daten bei Beendigung der Zusammenarbeit zu sperren und auf Anfrage des Händlers zu löschen. Der Hersteller habe auch in diesem Fall keine Möglichkeit, die Kundendaten nach Vertragsbeendigung für sich nutzbar zu machen.
Ein bedenkenswertes Konstrukt für denjenigen, der den Ausgleichszahlungen entgehen, aber einen Überblick über seinen Kundenstamm erhalten möchte.