Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Stuttgart (2 K 639/09) kann ein festgestelltes duales System verpflichtet sein, unter bestimmten Voraussetzungen die Einrichtungen eines öffentlich-rechtlichen Entsorgers („örE“) für die Sammlung von PPK-Abfällen gegen ein angemessenes Entgelt mitzubenutzen. Allerdings hatte der örE nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Stuttgart in dem konkreten Fall keinen Anspruch auf Abschluss des konkret vorgelegten Vertrages.
In dem zugrunde liegenden Sachverhalt bestand zwischen dem örE und dem dualen System kein Vertrag zur Mitbenutzung mehr. Es gab allerdings noch eine wirksame, von beiden Beteiligten unterschriebene Abstimmungserklärung. Nachdem die Bemühungen um den Abschluss eines Vertrages mehrfach gescheitert waren, erhob der örE Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart.
Verwaltungsrechtsweg eröffnet
Dieses sah zunächst den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten als eröffnet an, da es um die Durchsetzung der grundsätzlichen Verpflichtung zur Mitbenutzung nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV gehe. Bei dieser stehe der Gesetzes- und Verordnungszweck im Vordergrund, die Gewährung einer ordnungsgemäßen Entsorgung der Verpackungsabfälle sicherzustellen. Damit befinde man sich auf der Ebene der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen und nicht auf der privat-rechtlichen Ebene. In diesem Bereich bestehe gerade keine Vertragsfreiheit im Sinne einer Abschlussfreiheit, sondern eine im öffentlichen Interesse geregelte Pflicht.
Anforderungen an Mitbenutzungsanspruch
Das Verwaltungsgericht Stuttgart stellt zunächst verschiedene Anforderungen für den Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zur Mitbenutzung der Sammeleinrichtung auf. Zunächst hält es fest, dass im zugrundeliegenden Fall die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen weiterhin Aufgabe des örE gewesen sei, da dieser Verkaufsverpackungen aus PPK z. B. nicht in seiner Satzung von der Überlassung ausgeschlossen habe. Des Weiteren betont das Verwaltungsgericht Stuttgart, dass das duale System in dem streitgegenständlichen Bereich keine Anstrengungen unternommen habe, um seinen Sammel- und Verwertungspflichten hinsichtlich der Verkaufsverpackungen aus PPK nachzukommen. Ohne eine geordnete Sammlung und Verwertung durch den Kläger würden diese daher nicht stattfinden.
Ferner hebt das Verwaltungsgericht Stuttgart hervor, dass die Abstimmungserklärung nach wie vor gelte und die Pflichten des dualen Systems verstärke. Aus dieser ergebe sich, dass der örE im zugrundeliegenden Fall allein aufgrund der Abstimmungserklärung nach wie vor im Auftrag des dualen Systems gehandelt habe, wenn er PPK-Abfälle eingesammelt habe, selbst wenn ein ausdrücklicher Vertrag dazu fehle. Da die Abstimmungserklärung z. B. Fragen des angemessenen Entgeltes nicht regele, habe der Kläger einen Anspruch auf Ergänzung einer solchen Entgeltregelung.
Grenzen des Mitbenutzungsanspruchs
Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Hauptantrag, der auf Verpflichtung zum Abschluss eines vorgelegten Vertragsentwurfes gerichtet war, abgelehnt. Die genauen Vertragsregelungen seien eindeutig der zivilrechtlichen Ebene zuzuordnen. Die Details der verlangten Mitbenutzung gingen über die öffentlich-rechtlich zulässige Mitbenutzungspflicht hinaus. Insbesondere kritisierte das Gericht die verlangte Dauer der Verpflichtung des dualen Systems und die Regelung zum Vertragsentgelt.
Hinsichtlich der Vertragsdauer sei zu beachten, dass diese nicht zu einer Beschränkung der Betätigungsmöglichkeiten der dualen Systeme führen dürfe. Diesen dürfe es nicht unmöglich gemacht werden, selber entsprechende Sammelsysteme einzurichten. Bezüglich der beantragten Vergütungsregelung beanstandet das Gericht, dass diese nicht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Kommunalabgabenrechtes stehe. Zum einen könne der örE nicht Mindererlöse für Mischpapier in Ansatz bringen, da eine Trennung von höherwertigen und minderwertigen Papieren weder von den privaten Haushalten noch von den mitbenutzungspflichtigen dualen Systemen verlangt werden könne. An Kosten könne nur umgelegt werden, was tatsächlich angefallen und nicht anderweitig gedeckt sei. Dazu könnten zwar die Vorhaltekosten für Fahrzeuge und Personal gehören. Allerdings müsse der örE auch Erlöse in Abzug bringen, die er in diesem Zusammenhang erziele.
Fazit
Insgesamt hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger im konkreten Fall daher nur einen kleinen Sieg gegen das duale System errungen. Wieviel das duale System für die Mitbenutzung zahlen muss, wurde vom Gericht gerade nicht festgelegt. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass das Gericht die vorgeschlagenen Vertragsregelungen äußerst kritisch gewürdigt hat und unzulässige Bestimmungen zur Vertragsdauer und die Berücksichtigung der Mindererlöse zurückgewiesen hat.
Es ist zu beachten, dass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist und sich voraussichtlich noch der VGH Baden-Württemberg mit diesen Rechtsfragen befassen muss, die auch Auswirkungen auf die aktuelle Diskussion um die Wertstofftonne zeitigen können.