Der BGH hat in seinem Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 92/20 - zu der interessanten Frage Stellung genommen, wie in einer Leistungskette von Besteller, Hauptauftragnehmer und Nachunternehmer mit dem Anspruch des Hauptunternehmers gegenüber dem Nachunternehmer umzugehen ist, wenn der Hauptunternehmer den Anspruch des Auftraggebers auf Vorschuss der Mangelbeseitigungskosten durch Zahlung befriedigt hat. Fallen die Mängel in den Verantwortungsbereich des Nachunternehmers, hat der Hauptunternehmer einen Schadensersatzanspruch in Höhe des Kostenvorschusses gegenüber dem Nachunternehmer. Der Schadensersatzanspruch kann allerdings im Wege der Vorteilsausgleichung dadurch begrenzt sein, dass der Hauptunternehmer mit dem Kostenvorschuss eine zweckgebundene Zahlung leistet, über die nach Mängelbeseitigung abzurechnen ist.
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In der werkvertraglichen Leistungskette kann der Hauptunternehmer gegenüber dem Nachunternehmer gem. § 634 Nr. 4 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB den Schaden ersetzt verlangen, der ihm dadurch entsteht, dass er wegen der mangelhaften Werkleistung des Nachunternehmers seinerseits Mängelansprüchen seines Bestellers ausgesetzt ist. Hat der Hauptunternehmer in diesem Fall einen vom Besteller geltend gemachten Anspruch auf Kostenvorschuss gem. § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB durch Zahlung erfüllt, kann er im Wege des Schadensersatzes gem. § 634 Nr. 4 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB vom Nachunternehmer Zahlung in Höhe des geleisteten Kostenvorschusses verlangen. Der Umstand, dass der vom Hauptunternehmer ersetzt verlangte Schaden ein Kostenvorschuss ist, über dessen Verwendung nach Mängelbeseitigung abzurechnen ist, ist allerdings im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen und kann zu einer Begrenzung des Umfangs seines Schadensersatzanspruchs gegen den Nachunternehmer führen, BGH, Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 92/20.
Der Besteller (B) beauftragte den Hauptunternehmer (HU) u.a. mit der Aufstockung von neun Wohngebäuden. Der HU beauftragte seinerseits den Nachunternehmer (NU) mit dem Einbau der Sanitärsysteme. Die vom NU erbrachte Leistung war mangelhaft. Der HU zahlte nach entsprechender rechtskräftiger Verurteilung deshalb an B einen Kostenvorschuss in Höhe von 39.103,68 Euro. Diesen Betrag verlangte er als Schadensersatz vom NU. Das OLG Brandenburg gab der Klage in vollem Umfang statt. Im Rahmen des Schadensersatzes sei der HU gegenüber dem NU nicht abrechnungspflichtig. Den Vortrag des HU, B habe den Vorschuss in vollem Umfang für die Beseitigung der Mängel verwendet, habe der NU nicht widerlegt.
Dem ist der BGH nicht gefolgt. Zwar könne in der Leistungskette der HU grundsätzlich von seinem NU den an den B gezahlten Kostenvorschuss als Schadensersatz ersetzt verlangen. Der gezahlte Kostenvorschuss sei der Schaden. Den Vorteil des Vorschusses, der in seiner Abrechenbarkeit und dem Anspruch auf Rückzahlung des binnen angemessener Frist nicht verbrauchten Betrags liege, müsse der HU an den NU weitergeben. In welcher Weise der Vorteilsausgleich vorzunehmen sei, hänge davon ab, ob die Abrechnung über den Vorschuss bereits erfolgt sei. Die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsmindernd zu berücksichtigenden Vorteile trage nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger, das heißt der NU. Den HU als Geschädigten treffe aber eine sekundäre Darlegungslast, soweit der Schädiger außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs stehe und dem Geschädigten nähere Angaben möglich und zumutbar seien. Der NU genüge seiner Darlegungslast mit dem Vortrag, dass angesichts des Zeitablaufs davon auszugehen sei, dass der Vorschuss nicht oder nicht vollständig zur Mängelbeseitigung verwendet worden sei. Er könne in der Regel weder wissen noch müsse er ermitteln, ob B bereits gegenüber dem HU abgerechnet habe, und wenn ja, mit welchem Ergebnis. Es sei daher Sache des HU, auf den pauschalen, aber ausreichenden Vortrag des NU im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast darzulegen, ob B bereits eine Abrechnung über die Verwendung des Vorschusses erteilt habe, und gegebenenfalls nähere Angaben zum Inhalt und Ergebnis der Abrechnung zu machen. Der bloße Vortrag, B habe den Kostenvorschuss vollumfänglich zur Mängelbeseitigung verbraucht und es sei nicht zu einer Rückzahlung gekommen, genüge diesen Anforderungen nicht, so der BGH.
Dem Auftraggeber sind nach § 13 Nr. 5 VOB/B die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten zu erstatten. Für die Bewertung der Erforderlichkeit ist auf den Aufwand und die damit verbundenen Kosten abzustellen, die der Auftraggeber im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Auftraggeber aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung aufwenden konnte und musste, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln muss. Der Auftraggeber, der sich sachverständig hat beraten lassen, kann Ersatz seiner Aufwendungen auch dann verlangen, wenn sich später herausstellen sollte, dass die von ihm durchgeführte Sanierung zu aufwändig war und eine preiswertere Möglichkeit bestand. Das mit der sachkundig begleiteten Beurteilung einhergehende Risiko einer Fehleinschätzung trägt der Auftragnehmer, KG, Urteil vom 06.10.2022 - 27 U 1087/20; BGH, Beschluss vom 27.09.2023 - VII ZR 201/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Der Auftragnehmer (AN) baute im Objekt seines Auftraggebers (AG) eine Video-/Türöffnungs- und Gegensprechanlage ein. Nach Abnahme der Werkleistung traten technische Störungen auf. Die Mängelbeseitigungsversuche des AN blieben erfolglos. Daraufhin ließ der AG - unter Begleitung eines beratenden Sachverständigen - die gesamte Anlage durch einen Drittunternehmer austauschen und verlangte Kostenerstattung. Der AN wendete ein, dass ein Komplettaustausch für die Herstellung der Funktionstüchtigkeit nicht erforderlich gewesen sei und die Austauschkosten überhöht seien.
Dem AG sind nach § 13 Nr. 5 VOB/B die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten zu erstatten. Für die Bewertung der Erforderlichkeit sei auf den Aufwand und die damit verbundenen Kosten abzustellen, die der AG im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung als vernünftiger, wirtschaftlich denkender AG aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung habe aufwenden können und müssen, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln müsse. Der AG dürfe allerdings nicht beliebig Kosten produzieren. Die Kosten seien überhöht, wenn eine preiswertere Sanierung, die den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführe, erkennbar möglich und zumutbar gewesen sei. Der AG, der sich sachverständig habe beraten lassen, könne Ersatz seiner Aufwendungen auch dann verlangen, wenn sich später herausstellen sollte, dass die von ihm durchgeführte Sanierung zu aufwändig gewesen sei und eine preiswertere Möglichkeit bestanden habe. Das mit der sachkundig begleiteten Beurteilung einhergehende Risiko einer Fehleinschätzung trage der AN. Dieser habe die Kosten selbst dann zu erstatten, wenn sich die zur Mängelbeseitigung ergriffenen Maßnahmen im Nachhinein als nicht erforderlich erwiesen hätten. Darauf weist das KG hin.
Der planende Architekt hat die Vorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks und dessen ihm bekannte Kostenvorstellungen bei der Erstellung der Planung zu berücksichtigen. Macht der Auftraggeber eines Architektenvertrags Schadensersatz wegen Baukostenüberschreitung geltend, muss er die tatsächlich entstandenen Baukosten substanziiert darlegen. An einem Schaden des Auftraggebers fehlt es, wenn der zu seinen Lasten gehende Mehraufwand zu einer Wertsteigerung des Objekts geführt hat, OLG Dresden, Urteil vom 27.10.2022 - 10 U 1092/20; BGH, Beschluss vom 27.09.2023 - VII ZR 219/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Ein Architekt (A) erstellte für seinen Auftraggeber (AG) eine Kostenschätzung mit Gesamtkosten für die Errichtung einer Pension in Höhe von ca. 1,9 Mio. Euro. Das Bauvorhaben wurde mit einer abweichenden Kubatur und einer von der ursprünglichen Planung abweichenden Ausstattung errichtet. Nach Fertigstellung beanspruchte der AG Schadensersatz in Höhe von rund 608.000 Euro wegen schuldhafter Pflichtverletzung des Architektenvertrags. Er trug vor, er habe dem A einen festen Finanzierungsrahmen von 1,7 bis 1,8 Mio. Euro als Vertragsgrundlage vorgegeben. A habe die entstehenden Baukosten unzutreffend ermittelt bzw. die Kosten nicht kontrolliert und nicht rechtzeitig auf die Kostenüberschreitung hingewiesen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das OLG Dresden hat einen Schadensersatzanspruch des AG gegenüber dem A verneint. Dem A könne bereits keine Pflichtverletzung des Architektenvertrags nachgewiesen werden. Die Kostensteigerung beruhe auf dem Umstand, dass der AG offensichtlich nicht nach den ursprünglichen Planungen und Kostenschätzungen gebaut habe. Darüber hinaus seien die tatsächlich entstandenen Baukosten vom AG in der mündlichen Verhandlung nicht substanziiert dargelegt worden. Des Weiteren liege beim AG auch kein kausaler Schaden für die von ihm behaupteten Baukostenüberschreitungen vor. Zwar könne durch eine Überschreitung der vereinbarten Bausumme ein Schaden in den überschießenden Baukosten bestehen. Der AG erleide jedoch insoweit keinen Schaden, als der zu seinen Lasten gehende Mehraufwand zu einer Wertsteigerung des Objekts führe. Zur Feststellung des Schadens sei die Vermögenslage des AG mit und ohne Pflichtverletzung des A zu vergleichen, so das Gericht.
Eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, ist wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG (Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen) geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig, BGH, Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 190/22.
Der Architekt (A) wurde vom Auftraggeber (AG) mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 gem. § 33 HOAI 2009 hinsichtlich des Neubaus eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes beauftragt. A stellte dem AG u.a. einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel zur Verfügung, den der AG bei der Beauftragung mehrerer Bauunternehmer verwendete. Die Klausel lautete: „Die Fa. J. gewährt ein Skonto von 3% bei Zahlungen der durch die Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagszahlungen bzw. Schlussrechnung innerhalb 10 Arbeitstagen nach Eingang bei der Bauherrschaft." Da diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung unzulässig ist, konnte der AG trotz fristgerechter Zahlung kein Skonto geltend machen. Diesen Verlust machte er als Schadensersatz gegen A geltend.
Die Verpflichtung des A, dem AG eine Skontoklausel für dessen Bauverträge zur Verfügung zu stellen, ziele auf die Erbringung einer nach § 3 RDG unerlaubten Rechtsdienstleistung. Dies führe zur Nichtigkeit der Vereinbarung nach § 134 BGB. § 5 RDG erlaube Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit nur dann, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehörten. Das Berufsbild des A habe in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen, dem A fehle es aber an einer hinreichenden juristischen Qualifikation, weshalb Rechtsdienstleistungen nicht zu seinem Berufsbild gehörten. Dies sei mit dem Zweck des RDG, den Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten, nicht zu vereinbaren. Daran ändere auch die Benennung der Grundleistung „Mitwirken bei der Auftragserteilung" in Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI 2009 nichts. Diese Regelung stelle mangels Ermächtigungsgrundlage weder unmittelbar noch mittelbar einen Erlaubnistatbestand nach § 5 Abs. 1 RDG dar. Zwar stehe die Nichtigkeit der Vereinbarung einem vertraglichen Schadensersatzanspruch entgegen, in Betracht komme jedoch ein Schadensersatz unter den Voraussetzungen der § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB oder nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG. Das Gericht hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der richtige Umgang mit dem zu verarbeitenden Material gehört zum Gegenstand der Objektüberwachung. Bei der Verwendung von Rollenware kann es für den regelkonformen Einbau darauf ankommen, dass die Ware vor der Verarbeitung ausgerollt wird; dies muss der Architekt zumindest stichprobenartig überprüfen, OLG Schleswig, Urteil vom 04.10.2023 - 12 U 25/21.
Der Bauherr (B) beauftragte den Architekten (A) mit den Grundleistungen der Objektplanung der Leistungsphasen 1 bis 9 nach § 15 HOAI (1996) für den Neubau eines Gebäudes mit einem Flachdach. Die Flachdachabläufe wurden nicht so eingebaut, dass sie anstauendes Niederschlagswasser ausreichend ableiten konnten. Es fehlte an einer trapezförmigen Ausführung mit entsprechendem Gefälle. Außerdem fehlte die in den Regelwerken geforderten 80 mm Überlappung der Abdichtungsbahnen. Grund hierfür war, dass die verlegte Rollenware vor der Verarbeitung nicht ausgerollt wurde, um sich zu „strecken", so dass sie ihre wellenförmige Struktur behalten hat. Hierdurch haben sich die Bahnen verkürzt, die Überlappung der Stöße in Längsrichtung hat sich reduziert und war kleiner als 80 mm. B verlangte von A rund 100.000 Euro zur Mängelbeseitigung als Vorschuss. A wendete ein, ein Überwachungsfehler habe sich nicht ausgewirkt, weil das fehlende „Strecken" der Bahnen nicht kausal für den Mangel am Bauwerk sei.
Dem ist das OLG Schleswig nicht gefolgt. Der A hafte wegen eines Überwachungsfehlers. Im Rahmen der Objektüberwachung habe der A die Aufgabe, durch die gebotene Überprüfung der Ausführung in angemessenen Abständen dafür Sorge zu tragen, dass ein mangelfreies Werk entstehen könne. Hieraus folge, dass die Intensität der Überwachung auch davon abhänge, ob es sich um ein wichtiges und schadenträchtiges Gewerk handele oder ob eine handwerkliche Selbstverständlichkeit ausgeführt werde. Bei der (Dach-)Abdichtung handele es sich um ein wichtiges und schadensträchtiges Gewerk, so dass hier eine enge und intensive Überwachung angezeigt sei. Bei der Verarbeitung von Rollware sei vor der Verarbeitung ein Auslegen erforderlich, damit diese ihre Wellenform verlieren könne und platt oder eben werde und die erforderliche Überlappung von 80 mm sichergestellt werden könne. Der A habe dies wenigstens in Stichproben überprüfen müssen. Der A habe vorliegend das Auslegen nicht überwacht, er habe auch die nicht ausreichende Überlappung nicht festgestellt.
Ein Anspruch des Auftraggebers auf Ersatz von Fertigstellungsmehrkosten wegen Mängeln der Leistung vor der Abnahme setzt im VOB/B-Vertrag voraus, dass er dem Auftragnehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt und die Kündigung angedroht hat und nach fruchtlosem Ablauf der Frist der Vertrag gekündigt wurde. Einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bedarf es nicht, wenn der Auftragnehmer die Erfüllung des Vertrags ernsthaft und endgültig verweigert. Das Verlassen der Baustelle allein ist (noch) keine endgültige Erfüllungsverweigerung. Das Kooperationsgebot erfordert, dass sich der Auftraggeber mit dem Auftragnehmer wegen ausstehender Restleistungen in Verbindung setzt, statt die Arbeiten, ohne Rücksprache zu halten, selbst fertig stellen lässt, OLG München, Urteil vom 26.07.2022 - 9 U 7532/21 - Bau; BGH, Beschluss vom 16.08.2023 - VII ZR 160/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) im Jahr 2014 unter Einbeziehung der VOB/B mit Tiefbauarbeiten. Bis zum vereinbarten Fertigstellungstermin am 30.08.2014 führte der AN die Arbeiten größtenteils aus. Allerdings verließ er noch vor dem Einbau der Asphalttragschicht die Baustelle und zog sämtliche Mitarbeiter ab. Der AG ließ zwei bis drei Wochen später, ohne den AN zuvor zur Fertigstellung der Arbeiten aufgefordert zu haben, die noch ausstehenden Arbeiten durch einen anderen Unternehmer ausführen und rechnete mit den ihm hierdurch entstandenen Kosten gegenüber dem Vergütungsanspruch des AN auf.
Dazu war er nach dem Urteil des OLG München nicht berechtigt. Der AG habe vor Fertigstellung auf Kosten des AN durch ein Drittunternehmen dem AN eine Frist zur Fertigstellung mit Kündigungsandrohung setzen müssen. Die Fristsetzung sei hier nicht entbehrlich gewesen. Die bloße vertragliche Vereinbarung eines Fertigstellungstermins ohne weitergehende Regelung, z. B. hinsichtlich etwaiger Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung des Termins, genüge hierfür - auch bei Straßenbauarbeiten, die zeitlich befristete Straßensperrungen erforderten - nicht. Die Fristsetzung sei auch nicht im Hinblick auf eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des AN entbehrlich gewesen. Allein das Verlassen der Baustelle sei noch keine solche Erfüllungsverweigerung. Stelle der AN die Arbeiten ein und verlasse er die Baustelle, erfordere das Kooperationsgebot, dass sich der AG zunächst mit dem AN in Verbindung setze, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Warte der AG nur ab und lasse die Arbeiten dann im Wege der Ersatzvornahme durchführen, könne er die Kosten hierfür dem AN nicht berechnen.
Für die Geltendmachung von Rechten wegen eines Mangels des Architektenwerks, der sich im Bauwerk realisiert hat, genügt der Bauherr seiner Darlegungspflicht, wenn er die sichtbaren Mangelerscheinungen bezeichnet und generell der Leistung des Architekten zuordnet. Zu den Ursachen der Mangelerscheinungen braucht er sich nicht zu äußern, OLG Stuttgart, Urteil vom 25.03.2022 - 12 U 169/21; BGH, Beschluss vom 21.06.2023 - VII ZR 67/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Der Bauherr (B) beauftragte den Architekten (A) mit der Planung einer Gewerbehalle mit Flachdach. Nachdem die Halle entsprechend der Planung des A errichtet worden war, kam es 2011 zu Wassereintritten aufgrund einer fehlerhaften Planung der Attikaabdichtung, wie im selbständigen Beweisverfahren festgestellt wurde. Im Hauptsacheverfahren wurde A zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt und festgestellt, dass er auch den darüberhinausgehenden Schaden zu ersetzen habe, der durch die im Beweissicherungsgutachten beschriebenen Mängel noch entstehen werde. 2017 verklagte B den A dann auf Zahlung von weiteren 97.000 Euro, weil das gesamte Dach erneuert werden musste. A machte geltend, der Anspruch sei verjährt, weil es sich um einen Mangel des Daches an der geraden Längsfläche des Gebäudes handle und nicht um einen Mängel an der Dachfläche über dem gerundeten Eingangsbereich, die Gegenstand des Klageverfahrens gewesen seien.
Dem ist das OLG Stuttgart nicht gefolgt. A sei auch zur Zahlung des weiteren Schadensersatzes verpflichtet. Das Feststellungsurteil des Erstverfahrens umfasse die Schäden am gesamten Dach. B habe den von ihm festgestellten Wassereintritt im Dach des Eingangsbereichs hinlänglich deutlich beschrieben, sodass damit alle hierfür verantwortlichen Ursachen sowie alle Bereiche des Gebäudes erfasst würden, auf die sich diese Ursache negativ auswirke.
Ein Anspruch auf Mehrvergütung aus § 2 Abs. 5 VOB/B umfasst auch solche Mehrkosten, die aus mittelbaren bauzeitlichen Auswirkungen wie etwa Gerätestillstand resultieren. Im Rahmen der Darlegung eines Anspruchs auf zeitabhängige Mehrkosten ist eine baustellenbezogene Darstellung der Ist- und Sollabläufe notwendig, die die Bauzeitverlängerung nachvollziehbar macht. Der Auftraggeber als Empfänger eines Nachtragsangebots darf grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftragnehmer alle mit der Durchführung der Nachtragsarbeiten verbundenen Kosten in sein Nachtragsangebot einkalkuliert hat, so das OLG Frankfurt, Urteil vom 09.03.2023 - 15 U 295/21; BGH, Beschluss vom 02.08.2023 - VII ZR 65/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Aufgrund von Schadstoffen kam es während der Durchführung von Rohbauarbeiten zu einer Bauzeitverlängerung. Der Auftragnehmer (AN) machte einen Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B wegen einer störungsbedingten Unterdeckung von Allgemeinen Geschäftskosten (AGK) einerseits und Wagnis/Gewinn andererseits sowie Produktivitätsverlusten und witterungsbedingten Leistungsminderungen sowie Vorhaltekosten geltend. Das Landgericht bejahte den Anspruch. Der Auftraggeber (AG) legte dagegen Berufung ein.
Das OLG Frankfurt gab ihm Recht. Zwar erfasse § 2 Abs. 5 VOB/B auch solche bauzeitbedingten Mehrkosten des AN, die auf eine vom AG angeordnete Änderung des Bauentwurfs zurückzuführen seien. Der Vortrag des AN genüge aber nicht den Anforderungen an eine schlüssige Darlegung der bauzeitbedingten Folgen und Mehrkosten anhand einer bauablaufbezogenen Darstellung der Ist- und Soll-Abläufe. Der AN habe darzustellen, wie er den Bauablauf tatsächlich geplant habe und welche Teilleistungen er in welcher Zeit mit welchem Arbeitskräfteeinsatz habe ausführen wollen. Dem sei der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen. Es seien die einzelnen Behinderungstatbestände aufzuführen und deren tatsächliche Auswirkungen auf den Bauablauf zu erläutern. Weiter fehle es an einer schlüssigen Berechnung des Mehrvergütungsanspruchs auf der Grundlage tatsächlich erforderlicher Kosten nebst angemessenen Zuschlägen für AGK sowie Wagnis und Gewinn. Auch könne bei § 2 Abs. 5 VOB/B eine Mehrkostenberechnung nicht auf eine umsatzbezogene Unterdeckung der AGK bzw. Wagnis/Gewinn gestützt werden. Schließlich lägen Nachtragvereinbarungen vor, die im Hinblick auf Bauzeitverzögerungsfolgen abschließend seien.
Eine Klausel in einem Bauvertrag, die vorsieht, dass die Ausführungszeit 12 Monate beträgt und vier Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung, spätestens vier Wochen nach Abruf der Leistung durch den Bauherrn beginnt, beinhaltet keine den Anforderungen des § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB genügende Leistungszeitbestimmung, OLG Saarbrücken, Urteil vom 11.10.2023 - 2 U 196/22.
Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung zweier Mehrfamilienhäuser. Die beiden Bauverträge enthielten jeweils eine AGB-Klausel des AN, nach der die Ausführungszeit 12 Monate betrug und vier Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung, spätestens vier Wochen nach Abruf der Leistung durch den Bauherrn begann. Das erste der beiden Mehrfamilienhäuser wurde erst ca. 30 Monate, das zweite erst ca. 18 Monate nach Erteilung der jeweiligen Baugenehmigung vom AG fertiggestellt. Leistungsaufforderungen an den AN gab es bis auf eine im Rahmen einer Baubesprechung erfolgte mündliche Nachfrage des AG, wann die Leistungen endlich fertig gestellt würden, nicht. Der AG behielt von der Schlussrechnung einen Betrag von ca. 150.000 Euro insbesondere mit der Begründung ein, ihm seien wegen der verzögerten Fertigstellung vergebliche Aufzugswartungskosten und Mietausfallschäden entstanden, die ihm der AN aufgrund des eingetretenen Verzugs zu ersetzen habe.
Dem ist das OLG Saarbrücken nicht gefolgt. Der AN sei nicht in Verzug geraten. Der AG habe den AN nicht wirksam gemahnt. Eine Mahnung sei eine eindeutige und bestimmte Leistungsaufforderung. Die bloße Frage, wann mit einer Fertigstellung zu rechnen sei, reiche hierfür nicht aus. Eine Mahnung sei auch nicht aufgrund der Vereinbarung eines verbindlichen Fertigstellungstermins entbehrlich gewesen. Zwar könne eine verbindliche Festlegung eines Fertigstellungstermins auch dadurch erfolgen, dass der Lauf der Ausführungsfrist an ein vorheriges Ereignis, wie z. B. die Erteilung einer Baugenehmigung, geknüpft werde. Erforderlich sei aber stets, dass letztlich der Kalendertag für die Fertigstellung über ein konkret bestimmtes Ereignis exakt berechenbar sei. Daran fehle es, wenn - wie hier - der Fristbeginn nicht ausschließlich an ein konkretes Ereignis (hier: Erteilung der Baugenehmigung) anknüpfe, sondern alternativ auch noch an ein anderes Ereignis (hier: vier Wochen nach Abruf der Leistung durch den AG) als Anknüpfungspunkt genannt werde.