avocado rechtsanwälte
  • Deutsch
avocado rechtsanwälte
avocado rechtsanwälte
  • Home
  • Über uns
    • Über uns
    • Fachbereiche
    • Branchen
    • Standorte
    • International
    • Geschichte
  • Berater:innen
  • Aktuelles
    • Aktuelles
    • Veranstaltungen
    • Blog
    • Vlog
  • Kontakt
  • Karriere
    • Karriere
    • Onlinebewerbung
    • Deutsch
Sie sind hier: AktuellesBlog
Eintrag
Bundeskabinett beschließt Planungssicherstellungsgesetz – Probelauf für die digitale...
05.05.2020 Dr. Thomas Gerhold

Bundeskabinett beschließt Planungssicherstellungsgesetz – Probelauf für die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung?

Die Öffentlichkeitsbeteiligung in bau- oder umweltrechtlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren erfordert noch immer die physische Auslegung der Planunterlagen und mündliche Erörterungstermine. Allerdings sind derzeit aufgrund der Kontaktbeschränkungen angesichts der COVID-19-Pandemie persönliche Kontakte weitgehend zu vermeiden. Auch Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung sind, wenn überhaupt, nur eingeschränkt zugänglich. Die Bundesregierung hat hierauf nun reagiert und macht mit dem Entwurf des Planungssicherstellungsgesetzes einen Schritt zur Digitalisierung der Öffentlichkeitsbeteiligung – zunächst befristet bis zum 31.03.2021.

Viele (Fach-)Planungsgesetze sehen vor Genehmigungserteilung eine Auslegung der relevanten Unterlagen zur Einsichtnahme und eine mündliche Erörterung der erhobenen Einwendungen vor. Insbesondere bei großem öffentlichem Interesse bergen aber daraus folgende größere Zusammenkünfte in Verwaltungsgebäuden ein erhebliches Infektionsrisiko. Durch die derzeit nur eingeschränkt zugänglichen Räumlichkeiten besteht für interessierte Bürger oder Vereinigungen faktisch keine Möglichkeit zur Einsichtnahme in die ausgelegten Unterlagen. Folgerichtig hat jüngst das Landesamt für Umwelt Brandenburg den geplanten Erörterungstermin für die Genehmigung der Tesla-Gigafactory auf unbestimmte Zeit verschoben. Das zeigt exemplarisch: Es drohen bei allen derzeit beantragten Genehmigungen oder in Aufstellung befindlichen Plänen Verzögerungen oder Verfahrensfehler und damit erhebliche Unsicherheiten rechtlicher und wirtschaftlicher Art auf Seiten der Antragsteller und Vorhabenträger, aber auch der Genehmigungsbehörden. Der Gesetzgeber sah sich dadurch veranlasst, sich mit digitalen Alternativen zur bisherigen Öffentlichkeitsbeteiligung zu befassen.

Der am 29.04.2020 vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf eines Planungssicherstellungsgesetzes sieht Ersatzmöglichkeiten für klassische Verfahrensschritte der Öffentlichkeitsbeteiligung mit physischer Präsenz vor. Hierfür sollen die Vorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung in gleich 22 Fachgesetzen geändert werden, darunter das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das Baugesetzbuch, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz und das Wasserhaushaltsgesetz. In allen Regelungsmaterien werden die Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung auch bei bereits begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Verfahren angepasst. Das Planungssicherstellungsgesetz sieht im Einzelnen die folgenden Regelungen vor:

  • Sehen die vom Planungssicherstellungsgesetz in Bezug genommenen Gesetze eine ortsübliche oder öffentliche Bekanntmachung durch Anschlag an einer Amtstafel oder Auslegung zur Einsichtnahme vor, können diese durch Veröffentlichung des Inhalts der Bekanntmachung im Internet ersetzt werden, wenn die jeweilige Bekanntmachungsfrist spätestens mit Ablauf des 31.03.2021 endet. Zusätzlich muss eine Bekanntmachung in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt oder einer örtlichen Tageszeitung erfolgen.
     
  • Sofern eine obligatorische Auslegung von Unterlagen oder Entscheidungen angeordnet ist, kann diese durch Veröffentlichung im Internet ersetzt werden, wenn die Auslegungsfrist spätestens mit Ablauf des 31.03.2021 endet. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, dass und wo die Veröffentlichung im Internet erfolgt. Soweit möglich soll die Auslegung daneben „als zusätzliches Informationsangebot“ weiterhin erfolgen. Unterbleibt die Auslegung, sind zusätzlich zur Veröffentlichung „andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten“ wie öffentlich zugängliche Lesegeräte oder die Versendung erforderlich. Damit nimmt der Gesetzgeber die Belange von Personen in den Blick, die keinen Zugang zum Internet haben. Welche zusätzlichen Zugangsmöglichkeiten geschaffen werden, ist den zuständigen Behörden überlassen. So wird eine Versendung per Post etwa bei einem kleinen Adressatenkreis in Betracht kommen. Schließlich kann die Behörde verlangen, dass der Vorhabenträger Unterlagen in einem verkehrsüblichen elektronischen Format einreicht.
     
  • Die Abgabe von Erklärungen zur Niederschrift kann ausgeschlossen werden, wenn die jeweilige Erklärungsfrist spätestens mit Ablauf des 31.03.2021 endet und die zuständige Behörde festgestellt hat, dass innerhalb der Erklärungsfrist eine Entgegennahme zur Niederschrift nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich wäre. Stattdessen muss die zuständige Behörde einen Zugang für die Abgabe elektronischer Erklärungen bereithalten. Einwendungen oder Stellungnahmen können danach also beispielsweise auch durch einfache E-Mail abgegeben werden. In der Bekanntmachung muss auf die geänderte Abgabe von Erklärungen zur Niederschrift hingewiesen werden.
     
  • Sind die Durchführung eines Erörterungstermins oder einer mündlichen Verhandlung in das Ermessen der Behörde gestellt, kann diese in der Ermessensentscheidung auch Gesichtspunkte der geltenden Einschränkungen und des Ausbreitungsrisikos der COVID-19-Pandemie berücksichtigen. Wenn ein Erörterungstermin oder eine mündliche Verhandlung angeordnet ist und darauf nach dem Fachrecht nicht verzichtet werden kann, genügt hierfür eine Online-Konsultation. Den Teilnahmeberechtigten müssen die zu behandelnden Informationen zugänglich gemacht und ihnen muss Gelegenheit gegeben werden, sich hierzu schriftlich oder elektronisch zu äußern. Letzteres ist beispielsweise durch einfache E-Mail möglich. Die Online-Konsultation kann mit Einverständnis der Teilnahmeberechtigten durch eine Telefon- oder Videokonferenz ersetzt werden.
     
  • Sieht das Fachgesetz eine Antragskonferenz vor, kann stattdessen Gelegenheit zur schriftlichen oder elektronischen Stellungnahme gegeben werden. Diese Regelung zielt auf die im Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz vorgesehene Antragskonferenz zur Ermittlung von Belangen, die die zuständige Behörde nicht ohne Weiteres erkennen kann und für die einerseits eine Mitwirkungsobliegenheit der Träger öffentlicher Belange sowie von Vereinigungen und andererseits ein Teilnahmerecht der Öffentlichkeit besteht.

Bisher war die Online-Auslegung von Unterlagen nach nationalem Recht nur ergänzend zur physischen Auslegung möglich, und auch nach neuer Rechtslage soll – sofern gesundheitlich vertretbar – die „analoge“ Variante ermöglicht werden. Dagegen sind Online-Konsultationen dem Planungs- und Genehmigungsverfahren gänzlich neu. Unionsrechtlich dürften die vorgesehenen Änderungen nicht zu beanstanden sein: Die Vorgaben beispielsweise der Industrieemissions- und der UVP-Richtlinie sehen weder  zwingend eine „analoge“ Öffentlichkeitsbeteiligung vor noch einen Erörterungstermin.

Die Regelungen des Planungssicherstellungsgesetzes sind zunächst bis zum 31.03.2021 befristet. Inwieweit das Planungssicherstellungsgesetz – nach der zeitnah erwarteten Verabschiedung – den Weg zu digitalen Öffentlichkeitsbeteiligungen auch außerhalb pandemiebedingter Ausnahmesituationen ebnen wird, bleibt daher abzuwarten. Sofern sich die Digitalisierung der Öffentlichkeitsbeteiligung aber in anstehenden Verfahren bewährt, spricht Vieles für deren dauerhafte Verankerung im Planungs- und Genehmigungsrecht.

Haben Sie Fragen im Zusammenhang mit planungs- und/oder genehmigungsrechtlichen Themen? Sprechen [oder mailen] Sie uns gerne an!

Autor:in

Dr. Thomas Gerhold
Köln, Brüssel
Zur Person

© avocado rechtsanwälte Berlin Frankfurt Hamburg Köln München Brüssel

nach oben
  • Impressum
  • Datenschutz
  • Kontakt
  • Login
  • Datenschutzeinstellungen bearbeiten

Diese Webseite verwendet Cookies, um die Seite benutzerfreundlich zu gestalten und uns über Ihr Nutzungsverhalten zu informieren. Mehr erfahren ...

Einverstanden Ablehnen