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Eintrag
Coronavirus und Gerichtsverhandlungen: Alles via Videokonferenz?
25.03.2020 Markus Figgen

Coronavirus und Gerichtsverhandlungen: Alles via Videokonferenz?

Auch wenn zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus derzeit das öffentliche und private Leben großen Einschränkungen unterliegt: Der Rechtsstaat und damit auch die deutschen Gerichte können sich keinen allzu langen Stillstand leisten. Mit Blick auf die mündlichen Verhandlungen in Gerichtsverfahren wird man sich in der Praxis daher sowohl kurz als auch mittelfristig alternative Lösungswege für deren Durchführung suchen müssen. Der Blick in zahlreiche Gesetze offenbart einem dabei (durchaus verblüffende) Erkenntnisse zur („social distancing“-komaptiblen) Möglichkeit der Durchführung von Gerichtsverhandlungen, Erörterungsterminen und Vernehmungen im Wege der Videokonferenz.   

1. Die aktuelle Lage in der Justiz: Flut an Terminabsagen

Nach dem explosionsartigen Ausbruch der Coronapandemie ist der Dienstbetrieb in nahezu allen Gerichten und Staatsanwaltschaften der Bundesrepublik auf das zwingend erforderliche Maß beschränkt worden. Richtervereinigungen mahnen bereits jetzt an, dass nach der Pandemie ein großer Prozessberg auf sie warte. Mit Blick auf mündliche Gerichtsverhandlungen werden in den meisten Bundesländern aufgrund potentieller Ansteckungsgefahren zahlreiche Termine verschoben, die nicht besonders eilbedürftig sind. Auch bei den Gerichten in NRW sollen bis zum 19.04.2020 nur noch solche Sitzungen stattfinden, die keinen Aufschub ermöglichen (in erster Linie Eilverfahren).

Vor dem Hintergrund der aktuellen Flut an Terminabsagen stellt sich zwangsläufig auch die Frage nach potentiellen Alternativen. Da hier in der Praxis nicht in jedem Prozess ein Komplettverzicht auf die mündliche Verhandlung (vgl. z.B. § 101 Abs. 2 VwGO) opportun ist, könnte der Blick auch auf eine andere – bislang stiefmütterlich behandelte – Möglichkeit zur Durchführung der mündlichen Verhandlung gerichtet werden: Der Verhandlung über „Bild- und Tonübertragung“ (und damit als  Videokonferenz).

2. Durchführung von Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz

a) Gesetzliche Grundlagen seit 2013 vorhanden

Die Möglichkeit zur Durchführung von Gerichtsverhandlungen via Videokonferenz ist bereits 2013 durch das „Gesetz zu Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren“ gesetzlich verankert worden. Das Ende 2013 in Kraft getretene Gesetz basiert auf einem Vorschlag des Bundeslandes Hessen, das 2007 und dann erneut 2009 (BR-Drs. 902/09 vom 23.12.2009 sowie BR-Drs. 643/07 vom 19.09.2007) die weitere Digitalisierung in diesem Bereich vorantreiben wollte:

„Die Vorteile der verstärkten Nutzung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren liegen jedoch auf der Hand: Durch die Bereitstellung dieser Technik durch die Justizverwaltung wird vor allem der Anwaltschaft, aber auch anderen Verfahrensbeteiligten, in geeigneten Fällen die Gelegenheit geboten, an gerichtlichen Verfahren ohne Reisetätigkeit aus der eigenen Kanzlei heraus oder von seitens der Justizverwaltungen bereitgestellten Videokonferenzanlagen aus teilzunehmen.“

BR-Drs. 643/07, S. 1 (Hervorhebung hier).

b) Die Voraussetzungen in den einzelnen Prozessordnungen

Die gesetzlichen Grundlagen für die Durchführung entsprechender Videokonferenzen finden sich seit 2013 in den folgenden Vorschriften:

  • § 102a VwGO            
  • § 128a ZPO
  • § 91a FGO      
  • § 110a SGG

Die Voraussetzungen der Vorschriften sind dabei jeweils identisch ausgestaltet worden. Danach bedarf es folgender (rudimentärer) Voraussetzungen zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung mittels Videotechnik in der Praxis:

- Gestattung des Gerichts (von Amts wegen oder auf Antrag), mit Blick auf   

  • den jeweiligen Beteiligten
  • dessen Bevollmächtigten und Beistände

- Das Vorhandensein entsprechender Videokonferenztechnik (wird von den gesetzlichen Regelungen vorausgesetzt).

Unter denselben Voraussetzungen kann im Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess auch ein etwaiger Erörterungstermin mittels Videotechnikeinsatz gestattet werden.

Für die Vernehmungen von Zeugen, Sachverständigen oder eines Beteiligten sehen die oben aufgezählten Vorschriften ebenfalls entsprechende Regelungen zum Einsatz von Videotechnik vor, wobei in diesem Fall ein Antrag des Beteiligten zwingend erforderlich ist. Eine Entscheidung von Amts wegen ist bei Vernehmungen daher nicht möglich.

Rechtsfolge der Entscheidung des Gerichts ist, dass sich die in Rede stehenden Personen während der mündlichen Verhandlung bzw. des Erörterungstermins an einem anderen Ort aufhalten und dort Verfahrenshandlungen vornehmen dürfen. Die Verhandlung wird in diesem Fall zeitgleich in Bild und Ton an den Aufenthaltsort und in das Sitzungszimmer des Gerichts übertragen, wobei die Übertragung nicht aufgezeichnet wird. Die Entscheidung über den Einsatz von Videokonferenztechnik ergeht jeweils durch – unanfechtbaren – Beschluss des Gerichts.

Hinweis: Differenziertere Regelungen im Bereich des Strafrechts

Für den Bereich des Strafrechts gelten differenziertere Regelungen zum Einsatz von Videotechnik, vgl. im Einzelnen §§ 58b (zur Vernehmung), 118a (zur Haftprüfung), 233 (zur Hauptverhandlung) sowie 462 (zur Strafvollstreckung) StPO.

3. Aktueller Knackpunkt: Die Ausstattung der Gerichte ist für den Einsatz entscheidend

Die unter Ziffer 2. aufgezeigten Möglichkeiten zum Einsatz von Videotechnik bringen in der Praxis natürlich keinen Vorteil, wenn die Gerichte nicht über das für die Videokonferenz erforderliche Equipment verfügen. Wer in der Praxis daher prüfen möchte, ob für ihn die Beantragung des Einsatzes von Videotechnik in Betracht kommt, der kann auf dem „Justizportal des Bundes und der Länder“ unter der Rubrik „Verzeichnisse“ eine Übersicht zu den Standorten von Videokonferenzanlagen in den unterschiedlichen Bundesländern einsehen.

Findet sich das jeweilige Gericht (noch) nicht in der Übersicht, so lohnt sich in Zeiten der Coronapandemie unter Umständen auch die Nachfrage zu den entsprechenden Möglichkeiten bei der zuständigen Kammer oder die Beantragung der Durchführung einer videokonferenzbasierten mündlichen Verhandlung „ins Blaue hinein“. Es ist unter Zugrundelegung der oben dargestellten gesetzlichen Reglungen insoweit nämlich auch nicht ausgeschlossen, dass sich die Gerichte die Videokonferenzanlagen – soweit kapazitätsmäßig realisierbar – untereinander teilen.

Nicht nur aufgrund der Coronapandemie steht darüber hinaus auch Folgendes fest: Die Justiz sollte besser heute als morgen den Weg ins digitale Zeitalter mitgehen und die Beschaffung von Videokonferenzanlagen in die Wege leiten.

Haben Sie rechtliche Fragen im Zusammenhang mit den Auswirkungen durch den Coronavirus? Sprechen [oder mailen] Sie uns gerne an!

Autor/in

Markus Figgen
Köln, Brüssel
Zur Person

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