Die Regierungsfraktionen haben am 26.04.2022 einen Entwurf über die Änderung des Energiesicherungsgesetzes 1975 in den Bundestag eingebracht. Das Gesetz sieht bei einer Gefährdung oder Störung der Energieversorgung weitreichende Handlungsmöglichkeiten zur Krisenbewältigung vor.
Dazu gehört, dass Unternehmen, die kritische Energieinfrastrukturen betreiben, bei Bedarf unter eine Treuhandverwaltung gestellt werden können, und zwar dann, wenn sie ihren Aufgaben nicht mehr hinreichend nachkommen und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht. Nach diesem Modell war die Bundesregierung bereits bei Gazprom Germania auf Basis des Außenwirtschaftsrechts vorgegangen. Als ultima ratio ist auch eine Enteignung möglich, wenn die Sicherung der Energieversorgung nicht anders gewährleistet werden kann. Zudem werden Regelungen zur Stärkung europäischer Solidaritätsmechanismen eingeführt.
Des Weiteren ist für Energieversorger die Möglichkeit vorgesehen, gegenüber ihren Kunden einseitige Preisanpassungen bei verminderten Gasimporten und großen Preissprüngen vorzunehmen. Auch kann bei einer Gefährdung der Energieversorgung von Vorschriften des Umweltrechts abgewichen werden (etwa von den Verordnungen über Feuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen, über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen oder von der TA Lärm bzw. Luft).
Kriterien zur Abschaltreihenfolge unter nicht geschützten (Industrie-)Kunden sind hingegen im Entwurf nicht vorgesehen. In diesem Zusammenhang plant die Bundesnetzagentur gerade eine Datenabfrage bei Letztverbrauchern im Mai 2022. Hier bleibt den betroffenen Unternehmen nur, eigenständig Argumente zu entwickeln, die für eine prioritäre Versorgung sprechen.
Auch Folgeänderungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sind Teil der Novelle. So muss künftig eine Stilllegung von Gasspeicheranlagen angezeigt und von der Bundesnetzagentur (BNetzA) genehmigt werden. Außerdem werden die Voraussetzungen geschaffen, um bei kritischen Energieinfrastrukturen den Einsatz kritischer Komponenten nach dem BSI-Gesetz untersagen zu können.
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