Die Frage, ob im Einzelfall ein Geschäftsführer-Anstellungsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sein kann, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Das OLG Hamm hat sich mit Urteil vom 26.04.2007 – 27 O 7/07 – mit dieser Frage im Rahmen einer Klage eines Geschäftsführers gegen eine ordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags befassen müssen. Der Geschäftsführer berief sich jedoch erfolglos auf das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Nach der Auffassung des OLG Hamm ist das einer Organstellung als Geschäftsführer zugrunde liegende Anstellungsverhältnis stets ein freies Dienstverhältnis, auf das das KSchG keine Anwendung finden kann.
Praxistipp
Der Geschäftsführers kann sich nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG für die Dauer seiner organschaftlichen Bestellung nicht auf den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG berufen. Im Interesse der Gesellschaft sollte daher stets vermieden werden, dass bei einer Trennung von einem Geschäftsführer dessen Abberufung als Organ und die Kündigung des Anstellungsvertrages zeitlich in der Weise auseinanderfallen, dass zunächst die Abberufung vollzogen und erst anschließend die Kündigung des Anstellungsvertrages erklärt wird. Wird dies beachtet, so ist das KSchG auf die Kündigung des Anstellungsvertrages selbst dann nicht anzuwenden, wenn das Dienstverhältnis im Einzelfall rechtlich als Arbeitsverhältnis qualifiziert werden könnte.
Einzelheiten
Die GmbH hatte in dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Sachverhalt offensichtlich den Fehler gemacht, den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers erst zu kündigen, „nachdem er zuvor durch die Gesellschafterversammlung als Geschäftsführer abberufen worden war.“ Deshalb war es nicht bereits aufgrund von § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ausgeschlossen, dass sich der Geschäftsführer bei seiner Klage gegen die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages auf den allgemeinen Kündigungsschutz des KSchG und damit auf die fehlende soziale Rechtfertigung berufen konnte. Das OLG Hamm kam zu dem Ergebnis, dass die Kündigung nicht den Einschränkungen der allgemeinen arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzvorschriften unterliege. Das einer Organstellung als Geschäftsführer zugrunde liegende Anstellungsverhältnis sei stets ein freies Dienstverhältnis, wenn der Geschäftsführer seine Stellung als Vertretungsorgan aufgrund einer wirksamen Bestellung inne habe, entsprechend im Handelsregister eingetragen sei, die GmbH wirksam nach außen vertrete und auch nicht lediglich als deren „Strohmann“ fungiere. Die Entscheidung des OLG Hamm steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der ein Geschäftsführer-Anstellungsvertrag stets kein Arbeitsverhältnis, sondern vielmehr ein freies Dienstverhältnis begründe (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2000 – II ZR 251/98 –). Der vom OLG Hamm zu entscheidende Sachverhalt wies allerdings die Besonderheit auf, dass der Geschäftsführer in dem Anstellungsvertrag als „Arbeitnehmer“ bezeichnet wurde. Dabei handelte es sich nach Auffassung des OLG Hamm allerdings lediglich um eine rechtlich unerhebliche Falschbezeichnung.
Das BAG folgt diesem pauschalen Ansatz der zivilgerichtlichen Rechtsprechung nicht. Es vertritt vielmehr seit zwei Entscheidungen aus dem Jahre 1999 die Auffassung, dass im Einzelfall das der Organstellung zugrunde liegende rechtliche Verhältnis durchaus als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sein kann. Ob ein Geschäftsführer in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft steht, hängt nach Auffassung des BAG davon ab, ob die GmbH eine über ihr gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinaus gehende Weisungsbefugnis auch bezüglich der Umstände hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung erbringen muss. Ein Arbeitsverhältnis liege nur dann vor, wenn die GmbH dem Geschäftsführer auch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen erteile und auf diese Weise die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung bestimmen könne. Der Umfang der Vertretungsbefugnis für die GmbH sei dagegen kein maßgebliches Kriterium (vgl. BAG, Urteil vom 26.05.1999 – 5 AZR 664/98 –). Diese differenzierende Auffassung des BAG überzeugt im Gegensatz zu dem pauschalen Ansatz des OLG Hamm.
Die Rechtsprechung des BAG ist für eine GmbH nicht etwa deshalb unerheblich, weil für eine Klage des Geschäftsführers gegen die Kündigung seines Anstellungsvertrags grundsätzlich die Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 b, § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht zuständig sind. Wenn der Geschäftsführer nämlich Rechte mit der Begründung geltend macht, dass das Anstellungsverhältnis erst nach seiner Abberufung gekündigt worden sei, und sich zudem das Vertragsverhältnis zwischen der Abberufung und der Kündigung aufgrund der Art der zwischenzeitlichen Fortsetzung seiner Tätigkeit in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt habe, sind für diesen Rechtsstreit die Arbeitsgerichte zuständig (BAG, Beschluss vom 06.05.1999 – 5 AZB 22/98 –).