Äußerungen in sozialen Medien bewegen sich nicht in einem rechtsfreien Raum. So können etwa gewaltverherrlichende und volksverhetzende Erklärungen strafrechtliche Relevanz haben. Sie rechtfertigen allerdings nicht per se eine (außerordentliche) Kündigung des Arbeitsverhältnisses, entscheidend sind vielmehr die Umstände im Einzelfall. Dies hat das LAG Düsseldorf mit Urteil vom 08.10.2024 (Az. 3 SLa 313/24) klargestellt.
Der klagende Arbeitnehmer hat auf seinem öffentlich zugänglichen privaten Facebook-Account, auf dem er Jahre zuvor die Beschäftigung bei seinem Arbeitgeber angegeben hatte, anlässlich des Israel/Hamas-Konfliktes teils gewaltverherrlichende und volksverhetzende Äußerungen geteilt. Der Arbeitgeber, der hierüber informiert wurde, kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich.
Die hiergegen erhobene Klage hatte vor den Arbeitsgerichten Erfolg, das LAG Düsseldorf stellte die Unwirksamkeit der Kündigungen fest. Die Äußerungen des Arbeitnehmers auf dem Facebook-Profil stellten zwar einen wichtigen Grund „an sich“ für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB dar. Der Arbeitnehmer habe mit seinem Verhalten gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers verstoßen. Wenngleich die Äußerung auf Facebook als außerdienstliches Verhalten grundsätzlich nicht geeignet sei, einen Kündigungsgrund herzuleiten, sei vorliegend ein Bezug zum Arbeitsverhältnis dadurch hergestellt worden, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf seinem Profil – für andere ersichtlich – ausdrücklich als solchen benannt hatte.
Die Kündigungen seien allerdings unverhältnismäßig gewesen, da der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung als milderes Mittel eine Abmahnung hätte in Betracht ziehen müssen. Eine Abmahnung sei vorliegend auch nicht entbehrlich gewesen, zumal die durch den Bezug zum Arbeitgeber bewirkte Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers nicht vorsätzlich herbeigeführt worden sei. Mangels Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitnehmer die konkrete Äußerung auf seinem Facebook-Profil mit seinem Arbeitgeber verknüpfen oder diesen schädigen wollte, sei insoweit vielmehr von einem fahrlässigen Verhalten auszugehen.
Die Entscheidung des LAG Düsseldorf liegt auf der Linie der BAG-Rechtsprechung zu dieser Thematik. Außerdienstliches Verhalten eines Arbeitnehmers ist grundsätzlich selbst dann ungeeignet, einen Kündigungsgrund zu bilden, wenn das Verhalten strafrechtliche Relevanz hat. Es ist allerdings kündigungsrelevant, wenn sich das Verhalten auf den betrieblichen Bereich auswirkt und dort zu Störungen führt. Ein derartiger „Bezug zum Arbeitsverhältnis“ kann etwa gegeben sein, wenn das fragliche außerdienstliche Verhalten unter Nutzung von Betriebsmitteln/betrieblicher Einrichtung erfolgt oder der Arbeitgeber oder Kollegen mit der (Straf-)Tat in Verbindung gebracht werden.
Eine Verbindung zum Arbeitgeber ist in sozialen Medien beispielsweise bereits dann gegeben, wenn – wie in dem vom LAG Düsseldorf entschiedenen Fall – der Arbeitgeber im (Facebook-)Profil des Arbeitnehmers benannt wird oder der Arbeitnehmer ein Foto veröffentlicht, anhand dessen der Arbeitgeber (etwa anhand der Arbeitskleidung) als solcher identifiziert werden kann. Anders als in Fällen, in denen sich eine (Straf-)Tat unmittelbar gegen den Arbeitgeber oder Kollegen richtet, wird in derartigen Konstellationen häufig „nur“ die allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers berührt sein.
Auch eine Verletzung dieser Pflicht kann eine Kündigung rechtfertigen, es ist allerdings ein besonderes Augenmerk auf die weitere Prüfung zu legen, ob dem Arbeitgeber eine mildere Reaktion als eine das Arbeitsverhältnis beendende (außerordentliche) Kündigung – insbesondere der Ausspruch einer Abmahnung – zumutbar ist. Hier kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei – wie das Urteil des LAG Düsseldorf veranschaulicht – insbesondere zu berücksichtigen ist, ob der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Schaden zufügen wollte oder sich einer möglichen – etwa durch Rufschädigung bewirkten – Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers bewusst gewesen ist.
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