Die Versetzung einer Arbeitnehmerin zur Lösung bestehender zwischenmenschlicher Konflikte mit weiteren Arbeitnehmern kann gerechtfertigt sein. Dies hat das LAG Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 30.07.2019 (Az. 5 Sa 233/18) entschieden.
Sachverhalt
Zwischen der Klägerin und ihrer Vorgesetzten bestand eine andauernde Konfliktlage. Nach einer weiteren Auseinandersetzung war das Verhältnis der beiden zerrüttet, die Klägerin erkrankte arbeitsunfähig. Ohne den Konfliktsachverhalt im Detail aufzuklären, versetzte der beklagte Arbeitgeber die Klägerin an einen anderen Standort.
Entscheidung des Gerichts
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat die Wirksamkeit der Versetzung bestätigt. Der Beklagte habe das ihm zustehende billige Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Es sei Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren wolle; er müsse nicht zunächst die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die entstandenen Konflikte im Einzelnen aufklären. Der Beklagte habe dementsprechend nicht vor der Versetzung der Klägerin ermitteln müssen, von wem der Konflikt ausgegangen sei und weshalb er sich bis zu der Zerrüttung des Verhältnisses und zur Erkrankung der Klägerin verschärft habe. Die Sicherstellung des Betriebsfriedens sei ein berechtigtes Interesse, um einen derartigen zwischenmenschlichen Konflikt kurzfristig und wirksam zu lösen.
Praxishinweise
Arbeitgeber können ihre Arbeitnehmer grundsätzlich unternehmensweit einsetzen, sofern nicht der Arbeitsvertrag einen bestimmten Arbeitsort festschreibt, vgl. § 106 GewO. Regelt der Arbeitsvertrag einen Arbeitsort, muss sich der Arbeitgeber die Möglichkeit der Versetzung auch an einen anderen Arbeitsort im Arbeitsvertrag ausdrücklich vorbehalten.
Ist die Möglichkeit der Versetzung an einen anderen Arbeitsort hiernach gegeben, so muss die Versetzung selbst noch billigem Ermessen entsprechen. Der Arbeitgeber hat die wechselseitigen Interessen – sein Interesse an der Versetzung und das Interesse des Arbeitnehmers, nicht versetzt zu werden – zu berücksichtigen und miteinander abzuwägen.
Für das Interesse des Arbeitgebers an der Versetzung im Rahmen dieser Abwägung spricht die bestehende Konfliktsituation, um deren Lösung es ihm geht. Dabei ist es nicht ausreichend, eine solche Konfliktlage nur pauschal zu behaupten (vgl. zu einer solchen Konstellation LAG Düsseldorf, Urteil vom 31.07.2018, Az. 3 Sa 130/18). Vielmehr hat der Arbeitgeber die von ihm behauptete Konfliktlage konkret darzulegen und notfalls zu beweisen, ebenso wie die durch die Konfliktlage verursachten oder jedenfalls konkret zu erwartenden Störungen des Betriebsfriedens bzw. des Betriebsablaufs.
Nicht weiter aufklären muss der Arbeitgeber jedoch – und dies ist der spannende Teil der Entscheidung –, von wem die Konfliktsituation ausgegangen ist, wer also „Schuld“ an der Konfliktsituation hat. Damit wird letztlich in Kauf genommen, dass der Arbeitgeber auch einen „Unschuldigen“ versetzt, und derjenige Arbeitnehmer, der die Konfliktsituation verursacht hat, seinen bisherigen Arbeitsplatz behält.
Besteht ein Betriebsrat, hat der Arbeitgeber dessen Zustimmung vor der Versetzung des Arbeitnehmers einzuholen, vgl. § 99 Abs. 1 BetrVG. Zur ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats gehört die konkrete Darlegung der Konfliktsituation, um dessen Lösung es dem Arbeitgeber geht. Aktiv hinweisen sollte der Arbeitgeber auch darauf, dass die Schuldfrage für die Konfliktsituation rechtlich nicht relevant ist. Eine Garantie dafür, dass der Betriebsrat seine Entscheidung zur Versetzung nicht dennoch davon abhängig macht, wer aus seiner Sicht die Verantwortung für die Konfliktsituation trägt, ist dies freilich nicht.
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