Nur dann – so das Oberlandesgericht –, wenn jeder Bieter die ausgeschriebene Leistung in Unkenntnis der Angebote, Angebotsgrundlagen und Angebotskalkulation seiner Mitbewerber um den Zuschlag anbiete, sei ein echter Bieterwettbewerb möglich. Aus diesem Grunde verpflichte die VOL/A den öffentlichen Auftraggeber auch in verschiedenen Vorschriften zur Vertraulichkeit. Es ist daher nach Auffassung des Gerichts mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsprinzip schlechterdings unvereinbar, dass ein Bieter, dem das Angebot oder zumindest die Angebotsgrundlagen eines Mitbewerbers um den Zuschlag bekannt sind, am Bieterwettbewerb teilnimmt. Dies habe zwingend den Ausschluss beider Angebote gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A zur Folge.
Daran ändert nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf auch der Umstand nichts, dass der für den Zuschlag vorgesehene Bieter dieselbe Angebotstaktik verfolge und ebenfalls allein und in Bietergemeinschaft angeboten habe. Die Antragsbefugnis eines auszuschließenden Bieters könne nur dann bejaht werden, wenn alle übrigen Bieter in ihrem Angebot vergleichbare, zum Ausschluss führende Fehler hätten. Dann wären aus Gleichbehandlungsgründen alle Angebote auszuschließen und das Vergabeverfahren aufzuheben. Nach erfolgter Aufhebung könne sich der Antragsteller dann wiederum mit Chancen auf den Zuschlag bewerben. Solange aber noch ein wertbares Angebot im Vergabeverfahren verbleibe, seien die Rechte des Antragstellers nicht beeinträchtigt, auch wenn ein anderes Angebot vergaberechtswidrig den Zuschlag erhalte. Selbst wenn dieses entfiele, verbliebe immer noch ein anderes, wertbares Angebot, so dass der auszuschließende Antragsteller ohnehin keine Zuschlagschance und damit keine Rechtsbeeinträchtigung geltend machen könne.
Mit der vorzitierten Entscheidung distanziert sich der Düsseldorfer Vergabesenat von seiner eigenen Entscheidung vom 28.05.2003 (– Verg 8/03 –). Dort hatte der Senat die Abgabe eines eigenen (Teil-)Angebots durch die Mitglieder einer Bietergemeinschaft, welche sich ihrerseits ebenfalls an der Ausschreibung beteiligt hatten, vergaberechtlich gebilligt. In der dem damaligen Streitfall zugrundeliegenden Fallgestaltung war nach den Verdingungsunterlagen des öffentlichen Auftraggebers eine Angebotsabgabe nur entweder für die gesamte Baumaßnahme (Lose 1 und 2) oder jeweils für die Lose 1 oder 2 zugelassen. Auf der Grundlage dieser Vergabebedingungen hatte eine aus insgesamt vier Unternehmen bestehende („große“) Bietergemeinschaft ein Angebot für die gesamte Baumaßnahme (Lose 1 und 2) abgegeben. Daneben bestand eine weitere, aus drei der vier vorerwähnten Unternehmen gebildete („kleine“) Bietergemeinschaft; sie hatte sich um die Leistungen des Loses 1 beworben. Das vierte Unternehmen der („großen“) Bietergemeinschaft hatte schließlich ein Angebot für die Leistungen des Loses 2 abgegeben. Ausschließlich unter diesen besonderen Umständen hat der Senat – wie er jetzt in der Entscheidung vom 16.09.2003 ausdrücklich betont – eine Beeinträchtigung des Bieterwettbewerbs verneint. Denn dort hätten die drei in Rede stehenden Bieter („große“ und „kleine“ Bietergemeinschaft; viertes Einzelunternehmen der „großen“ Bietergemeinschaft) keine miteinander konkurrierenden Angebote abgegeben. Die („große“) Bietergemeinschaft habe sich damals ausschließlich um den Gesamtauftrag beworben. Ihr habe – so das Gericht – folglich auch nur der Zuschlag für die Lose 1 und 2 erteilt werden können; eine Auftragserteilung für lediglich eines der beiden ausgeschriebenen Lose sei vergaberechtlich nicht möglich gewesen. Die („kleine“) Bietergemeinschaft und das vierte Einzelunternehmen der („großen“) Bietergemeinschaft hätten sich demgegenüber allein um – jeweils verschiedene – Einzellose beworben. Zudem hätten die Mitglieder der („großen“) Bietergemeinschaft ihr Einzelangebot nur zu denjenigen Leistungsteilen unterbreitet, die ihnen auch im Rahmen der („großen“) Bietergemeinschaft zufallen sollten. Allein vor diesem Hintergrund könne – wie der Senat in der damaligen Entscheidung ausgeführt hat – neben weiteren dort aufgeführten Umständen die Kenntnis der Mitglieder der („großen“) Bietergemeinschaft vom Angebotspreis für die Leistungen der Lose 1 und 2 sowie von den diesem Gesamtpreis zugrundeliegenden Berechnungsfaktoren nicht zu einer Beeinträchtigung des Bieterwettbewerbs führen.
Das Oberlandesgericht unterstreicht in dem jetzigen Beschluss, dass die nunmehr zu entscheidende Fallkonstellation von der damaligen grundverschieden gewesen sei: Der Antragsteller habe nämlich ein Einzelangebot abgegeben, das mit dem Angebot der Bietergemeinschaft konkurriert habe, überdies sei ihm bei Angebotsabgabe die Offerte der Bietergemeinschaft bekannt gewesen. Unter diesen Umständen müssten beide Angebote von der Wertung ausgeschlossen werden.
Neue Fallstricke für Bieter und Auftraggeber
Die vergaberechtlich zutreffende Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf führt in der Praxis dazu, dass der öffentliche Auftraggeber nunmehr erstmals gezwungen ist, darauf zu achten, wie sich das Bieterfeld zusammensetzt und ob daraus eine Angebotstaktik zu erkennen ist. Unternehmen werden nach der Entscheidung des Düsseldorfer Vergabesenats noch sorgfältiger überlegen müssen, ob eine alleinige Bewerbung Sinn macht oder ob ein gemeinschaftlich mit anderen Unternehmen erarbeitetes Angebot abgegeben werden soll. Beides geht jedenfalls nicht. Zulässig ist es aber nach wie vor, dass ein Bieter ein Einzelangebot bezüglich eines Loses abgibt und sich parallel an einem Angebot einer Bietergemeinschaft über die Summe aller Lose beteiligt. Hier liegt nämlich keine Identität des Auftragsgegenstandes vor und eine Wettbewerbsverzerrung kann nicht entstehen.