Dies hat das OVG Münster in zwei gleichlautenden Beschlüssen vom 12.10.2004 (- 15 B 1783/04 - und - 15 B 1889/04 -) entschieden. Das OVG hat damit im Eilverfahren Unterlassungsanträge privater Entsorgungsunternehmen abgewiesen. Die Anträge richteten sich gegen eine Kommune, die sich an einer Ausschreibung ihrer Nachbarkommune für das Einsammeln und Befördern von Abfällen als Bieter beteiligt hatte und den Zuschlag erhalten sollte. Mit ihren zeitgleich eingeleiteten Nachprüfungsverfahren hatten die Unternehmen mehr Erfolg: Die Vergabekammer Münster entschied, dass die Teilnahme einer Kommune an der Ausschreibung einer anderen Kommune gegen das Kommunalwirtschaftsrecht und damit letztlich gegen das vergaberechtliche Wettbewerbsgebot verstieße. Sie verpflichtete daher die Vergabestelle, die Angebote neu zu werten (Beschluss vom 04.10.2004 - VK 21/04 -). Dem ist das Oberverwaltungsgericht jetzt entgegengetreten.
Kommunalrecht drittschützend
In Erweiterung seiner Rechtsprechung zum Drittschutz der kommunalrechtlichen Vorschriften über die wirtschaftliche Betätigung (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 13.08.2003, - 15 B 1137/03 -) nahm es dabei zunächst - wie bereits zuvor das Oberlandesgericht Düsseldorf - an, dass das Kommunalwirtschaftsrecht auch im Bereich der nichtwirtschaftlichen Betätigung - als solche wird die Abfallentsorgung von der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung angesehen - Drittschutz für Konkurrenten entfaltet. Private Unternehmen können sich also nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich vor den Verwaltungsgerichten gegen eine wirtschaftliche Tätigkeit von Kommunen und deren Unternehmen wehren und die Einhaltung der kommunalwirtschaftsrechtlichen Vorgaben erzwingen.
Auch "gebietsfremde" Abfallentsorgung privilegiert
Damit ist allerdings noch nichts über die rechtliche Zulässigkeit einer kommunalen Betätigung in der Nachbarkommune gesagt. Hierzu stellt das Oberverwaltungsgericht zunächst fest, dass es sich bei Tätigkeiten auf dem Gebiet der Abfallentsorgung - qua gesetzlicher Fiktion - auch dann um "nichtwirtschaftliche" ("privilegierte") Tätigkeiten handelt, wenn sie außerhalb des eigenen Gemeindegebiets ("überörtlich") entfaltet werden. Das Oberverwaltungsgericht bewegt sich damit auf einer Linie mit der bisherigen Rechtsprechung des Vergabesenats beim OLG Düsseldorf, der in der Vergangenheit verschiedentlich über die Teilnahme von kommunalen Unternehmen an Ausschreibungen zu befinden hatte.
Kommunalrecht setzt überörtlicher Tätigkeit keine Schranken
In der Sache folgen die Münsteraner Verwaltungsrichter dem Düsseldorfer Vergabesenat jedoch nicht. Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass Tätigkeiten wie die der Abfallentsorgung aufgrund ihrer gesetzlichen Privilegierung vollständig aus dem Anwendungsbereich der Regelungen über die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden ausgenommen sind. Eine nichtwirtschaftliche Betätigung im Inland wird nach Auffassung des Gerichts daher durch das Kommunalwirtschaftsrecht in keiner Weise beschränkt. Mit dieser Aussage widerspricht das Oberverwaltungsgericht ausdrücklich dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Dies hatte in der Vergangenheit für die Zulässigkeit der überörtlichen nichtwirtschaftlichen Betätigung verlangt, dass diese mit dem öffentlichen Zweck der Abfallentsorgungseinrichtung der Ursprungskommune in einem "fördernden Zusammenhang" stehe. Dies sei u. a. dann der Fall, wenn die eigene Abfallentsorgung durch die gebietsfremde Tätigkeit wirtschaftlich sinnvoller erbracht werden könne, also etwa brachliegende Ressourcen oder Überkapazitäten besser ausgelastet würden. Das OVG Münster lehnt eine derartige Zulässigkeitsschranke für die nichtwirtschaftliche überörtliche Betätigung von kommunalen Unternehmen explizit ab, sie sei der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung nicht zu entnehmen. Eine überörtlich tätigwerdende Kommune müsse daher nicht nachweisen, dass die überörtliche Betätigung der Abfallentsorgung im eigenen Gebiet - wie auch immer - zugute komme.
OVG Münster vs. OLG Düsseldorf
Nach den Eilbeschlüssen des OVG Münster ist eine paradoxe Situation entstanden: Unterlegene Bieter, die sich auf die Rechtswidrigkeit der Teilnahme von kommunalen Unternehmen an Ausschreibungen berufen, können unter Umständen vor den Vergabekammern und Vergabesenaten Recht bekommen, vor den Verwaltungsgerichten jedoch grundsätzlich nicht. Mit Spannung darf daher erwartet werden, ob das OLG Düsseldorf bei nächster Gelegenheit seine Rechtsprechung aufgeben und dem OVG Münster folgen wird.