Die Europäische Union hat mit der jüngsten Anpassung der Quecksilberverordnung weitere bedeutende Schritte unternommen, um die giftige Chemikalie Quecksilber aus dem Verkehr zu ziehen. Die neuen Maßnahmen treten ab dem kommenden Jahr in Kraft: So darf bei der zahnärztlichen Behandlung ab dem 1. Januar 2025 kein quecksilberhaltiges Zahnamalgam mehr verwendet werden. Zudem werden die Verbote der Herstellung, Einfuhr und Ausfuhr von quecksilberhaltigen Produkten schrittweise ab dem 31. Dezember 2025 und dem 31. Dezember 2026 auf bestimmte Kategorien von quecksilberhaltigen Lampen ausgeweitet.
Quecksilber ist ein Schadstoff mit Risiken von globaler Dimension, der erhebliche Umweltauswirkungen und Gesundheitsschäden verursachen kann. Als Partikel in der Luft kann Quecksilber große Entfernungen zurücklegen, bevor es sich auf Landflächen und in Gewässern ablagert. Quecksilberdämpfe sind wegen ihrer giftigen Wirkung auf das Nervensystem gefährlich. In der Vergangenheit wurde Quecksilber in zahlreichen Produkten und Anwendungen verwendet, z. B. bei der Goldgewinnung, in Batterien, Leuchtstoffröhren, Thermometern und Barometern. Die am häufigsten verbleibende Einsatzform von Quecksilber in der Europäischen Union ist das so genannte Dentalamalgam.
Auch wenn geltende nationale Vorschriften den Eintrag in Abwasser- und Gewässersysteme in der Vergangenheit bereits erheblich gesenkt haben, stellt die Verwendung von Quecksilber nach wie vor eine erhebliche Umweltverschmutzungsquelle dar. Vor diesem Hintergrund haben sich über 90 Staaten, darunter auch Deutschland, das Ziel gesetzt, durch das im Jahr 2017 in Kraft getretene internationale Minamata-Übereinkommen zu Quecksilber die Verwendung von Quecksilber nachhaltig zu reduzieren und dessen schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu minimieren. Das Übereinkommen wurde durch die seit dem 1. Januar 2018 geltende Verordnung (EU) 2017/852 über Quecksilber und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1102/2008 („Quecksilberverordnung“) in europäisches Recht umgesetzt. Die Quecksilberverordnung zielt darauf ab, den Handel und die Verwendung von quecksilberhaltigen Produkten schrittweise zu verringern und hohe Anforderungen an die Entsorgung von quecksilberhaltigen Abfällen zu stellen. Durch die Vorgaben soll der gesamte Lebenszyklus von Quecksilber vom primären Bergbau bis hin zur endgültigen Entsorgung reguliert werden.
Welche Neuerungen sich im Bereich der Regulierung von Quecksilber durch die Überarbeitung der Quecksilberverordnung ergeben und was im Hinblick auf die ordnungsgemäße Lagerung und Entsorgung quecksilberhaltiger Abfälle zu beachten ist, soll im Folgenden gezeigt werden.
Obwohl es bei der Eindämmung der Nutzung von Quecksilber und der letztlich dadurch verursachten Emissionen innerhalb der Europäischen Union in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gab, sind einige mit Quecksilber versetzte Produkte wie unter anderem Dentalamalgam auf dem EU-Binnenmarkt derzeit noch zugelassen und werden auch aus der Europäischen Union ausgeführt. Vor diesem Hintergrund hat sich die Europäische Kommission entschieden, die Verwendung von Quecksilber weiter einzuschränken, um auf diese Weise zum Null-Schadstoff-Ziel im Rahmen des europäischen „Green Deals“ beizutragen. Die Europäische Kommission hat am 14. Juli 2023 einen Vorschlag für die Überarbeitung der Quecksilberverordnung vorgelegt. Dieser Vorschlag mündete in die Verordnung (EU) 2024/1849 zur Überarbeitung der Quecksilberverordnung, die am 10. Juli 2024 im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde und am 30. Juli 2024 in Kraft getreten ist.
Das Kernstück der überarbeiteten Verordnung ist das generelle Verbot der Verwendung von Dentalamalgam ab dem 1. Januar 2025 (Artikel 10 Abs. 2a Quecksilberverordnung). Zuvor war die Verwendung von quecksilberhaltigen Amalgamfüllungen lediglich für Kinder unter 15 Jahren, Schwangere und Stillende verboten. Ausnahmen von dem Verbot sind nur unter engen Voraussetzungen möglich: Eine Ausnahme gilt, wenn die Verwendung von Dentalamalgam wegen spezifischer medizinischer Erfordernisse beim jeweiligen Patienten seitens des behandelnden Zahnarztes als zwingend notwendig erachtet wird. Zudem konnten die EU-Mitgliedstaaten bis zum 31. August 2024 eine Verlängerung der Nutzung von Dentalamalgam bis zum 30. Juni 2026 zur Versorgung sozial schwacher Gruppen unter bestimmten Bedingungen bei der Europäischen Kommission beantragen. Es ist jedoch nicht bekannt, dass Deutschland einen entsprechenden Antrag gestellt hat.
Ferner statuiert Artikel 10 Abs. 7 Quecksilberverordnung nun ein Ausfuhrverbot von Dentalamalgam ab dem 1. Januar 2025. Die Herstellung und die Einfuhr von Dentalamalgam sind ab dem 1. Juli 2026 verboten.
Die jüngsten Änderungen reihen sich in die bisherigen Entwicklungen zur Regulierung von Dentalamalgam ein. In Deutschland ist etwa seit Anfang der 1990er Jahre der Einsatz von Amalgamabscheidern zur Behandlung von Abwässern in Behandlungsplätzen in Zahnpraxen, bei denen Amalgam anfällt, verpflichtend vorgeschrieben. Seit dem 1. Januar 2019 gilt dies nach der Quecksilberverordnung auch auf der Ebene der Europäischen Union. Demnach müssen Betreiber zahnmedizinischer Einrichtungen, in denen Dentalamalgam verwendet wird oder Dentalamalgamfüllungen bzw. Zähne mit solchen Füllungen entfernt werden, sicherstellen, dass sie mit Amalgamabscheidern zur Rückhaltung und Sammlung von Amalgampartikeln, auch von im Abwasser enthaltenen Partikeln, ausgestattet sind. Seit dem 1. Januar 2019 darf Dentalamalgam nach Artikel 10 Abs. 1 Quecksilberverordnung nur noch in vordosierter, verkapselter Form verwendet werden. Eine Verwendung von Quecksilber in loser Form durch Zahnärzte ist seither verboten.
Für quecksilberhaltige Lampen gelten gleichartige produktspezifische Ausfuhr-, Einfuhr- und Herstellungsbeschränkungen ab dem 31. Dezember 2025 beziehungsweise ab dem 31. Dezember 2026. Details zu den betroffenen Warenkategorien enthält der geänderte Anhang II der Verordnung, in dem die mit Quecksilber versetzten Produkte gelistet sind.
Bei den vorgenommenen Änderungen an der Quecksilberverordnung handelt es sich um Ergänzungen. Die übrigen Bestimmungen der Verordnung sind insoweit unberührt geblieben und gelten unverändert fort.
In Artikel 11 Quecksilberverordnung wird die Abfalleigenschaft von Quecksilber und Quecksilberverbindungen in Reinform und in Gemischen aus bestimmten großen Quellen begründet. An die Entsorgung von quecksilberhaltigen Abfällen werden sodann hohe Anforderungen gestellt.
Die Beseitigung von Quecksilber erfolgt nach Artikel 13 Quecksilberverordnung ausschließlich durch die dauerhafte Ablagerung in Untertagedeponien oder solchen oberirdischen Deponien, die Sicherheitsanforderungen wie bei Untertagedeponien genügen müssen. Flüssiges Quecksilber ist vor der dauerhaften Ablagerung in festes Quecksilbersulfid (Zinnober) umzuwandeln.
Damit die Entsorgungswege von Quecksilberabfällen für die nationalen Vollzugsbehörden nachvollziehbar und überprüfbar sind, wird in Artikel 14 Quecksilberverordnung ein Dokumentationssystem für die Rückverfolgung über die gesamte Entsorgungskette von Quecksilberabfällen festgelegt. So müssen die Betreiber von Zwischenlagern und Untertagedeponien sowie die Betreiber von Anlagen, in denen das flüssige Quecksilber verfestigt wird, nachweisen, welche Mengen an Quecksilberabfällen gerade gelagert oder umgewandelt werden.
Nach Artikel 16 Quecksilberverordnung sind die Mitgliedstaaten dazu angehalten, Regelungen für Sanktionen festlegen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und für deren Anwendung sorgen. Diese müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Dies gilt auch im Zusammenhang mit den neuen Verboten der Verwendung, Herstellung und Ausfuhr von Dentalamalgam sowie der Herstellung und Ausfuhr von quecksilberhaltigen Lampen.
Es empfiehlt sich als Hersteller, Lieferant oder Vertreiber bzw. Verwender, frühzeitig Informationen über entsprechende Alternativen zu Dentalamalgam und zu quecksilberhaltigen Lampen einzuholen, um den künftigen Handelsbeschränkungen und Inverkehrbringungsverboten gerecht zu werden.
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