Eine besondere Situation besteht dann, wenn das begünstigte Unternehmen vor der abschließenden Entscheidung der Kommission seine gesamten Aktiva oder zumindest wesentliche Teile davon auf ein anderes Unternehmen überträgt, um diesem auf diese Art die Umsetzung seiner eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen. Erfolgt diese Übertragung unter Umständen, welche darauf abzielen oder zumindest geeignet sind, die auf Rückforderung gerichtete Entscheidung der Kommission zu umgehen, dehnt die Kommission in ihrer Entscheidungspraxis die Pflicht zur Rückforderung auf das bzw. jedes weitere Unternehmen aus, das die Aktiva erworben hat, um zu verhindern, dass die Rückforderung gegenüber dem Beihilfeempfänger ins Leere läuft und sich die Wettbewerbsverfälschung fortsetzt. Das erwerbende Unternehmen wird dann praktisch als ein weiterer Beihilfeempfänger behandelt.
EuGH billigt Behördenpraxis
In seinem Urteil vom 08.05.2003 (Rs. C-328/99 und Rs. C-399/00) hat sich der EuGH erstmals mit der angesprochenen Fallkonstellation befasst. Der EuGH hat diese Behördenpraxis gebilligt. Er hat ausgeführt, dass es einem Unternehmen, das sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, nicht grundsätzlich verwehrt sei, auch nach Einleitung des Kontrollverfahrens durch die Kommission Maßnahmen zu seiner Sanierung zu treffen. Könnte jedoch dieses Unternehmen vor Abschluss des Verfahrens uneingeschränkt seine rentabelsten Aktiva auf eine von ihm gegründete Tochtergesellschaft übertragen, bestünde die Gefahr, dass die Rückforderung der Beihilfe wirkungslos würde. Entscheidend sei, ob die Übertragung Elemente enthalte, welche die Feststellung erlaubten, dass die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft andauerten. Wird dies bejaht, greift die Rückforderung auch auf die Tochtergesellschaft bzw. neugegründete Gesellschaft durch. Diese Rechtsfolge ist bei Umstrukturierungen zu beachten.