Im aktuellen Lobby Newsletter des Bundesverbandes Direktvertrieb (BDD) setzt sich der Frankfurter Partner Ralph W. Hummel von avocado rechtsanwälte mit der aktuellen Rechtsprechung zur sozialversicherungsrechtlichen Durchgriffshaftung bei Vertragsbeziehungen mit Ein-Personen-Kapitalgesellschaften auseinander. Der Beitrag ist im Folgenden abgedruckt:
Das Bundessozialgericht stellt mit drei Urteilen vom 20.07.2023 klar, dass eine Vertragsbeziehung mit einer Ein-Personen-Kapitalgesellschaft ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers mit dem Auftraggeber begründen kann. Das ist dann der Fall, wenn solche Kapitalgesellschaften zwar Verträge mit einem Auftraggeber abschließen, die die Ausführung einer Tätigkeit durch den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer regeln, dieser aber tatsächlich nicht für seine juristische Person, sondern unmittelbar für den Auftraggeber wie ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer handelt.
Praktische Relevanz entsteht bei Verträgen, die mit nur einem Auftraggeber abgeschlossen werden und bei denen die Gesamtwürdigung des Vertrages und dessen tatsächlicher Ausführung ergibt, dass eine weisungsabhängige Tätigkeit des Handelnden mit konkreten Vorgaben zu Zeit, Ort und Art der Tätigkeit und damit eine Eingliederung in die Organisation des Auftraggebers vorliegt. Hier ist nicht mehr davon auszugehen, dass der Auftragnehmer eigenständig agieren kann und es wird ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer als natürlicher Person fingiert. Die Parteien des fingierten Arbeitsverhältnisses können sich in einem solchen Fall nicht darauf berufen, dass der Auftraggeber nicht mit der tatsächlich zur Tätigkeit verpflichteten Einzelperson, sondern nur mit der UG/GmbH einen Vertrag abgeschlossen hat.
Im Ergebnis ist die Zwischenschaltung einer Ein-Personen-Kapitalgesellschaft zwischen einer natürlichen Person als Auftragnehmer und dem Auftraggeber zur Vermeidung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses jetzt mit hohem Risiko verbunden. Es besteht darin, dass sowohl der Auftraggeber als auch die natürliche Person Sozialbeiträge abführen müssen, wobei der Arbeitgeber mindestens für die letzten drei Beitragsjahre haftet und auch strafrechtliche Konsequenzen drohen. Auch wenn die Kriterien für die arbeitsrechtliche und steuerliche Einordnung von den sozialrechtlichen abweichen, drohen auch für diese Bereiche entsprechende Konsequenzen.
Auch im Direktvertrieb sind daher die bekannten Abgrenzungsmerkmale für selbständige von abhängiger Tätigkeit entscheidend und nicht etwa die verwendete Unternehmensform.
Beiträge wie dieser stehen Verbandsmitgliedern und sogenannten Kooperationspartnern in dem regelmäßig erscheinenden Lobby Newsletter des BDD zur Verfügung. Weitere Informationen über den Bundesverband Direktvertrieb Deutschland e.V. und die Direktvertriebsbranche finden Sie unter www.direktvertrieb.de
avocado rechtsanwälte ist empfohlener Kooperationspartner des Bundesverbandes Direktvertrieb.