Gewerbemietverträge können grundsätzlich formlos durch übereinstimmende Willenserklärungen wirksam abgeschlossen werden. Mietverträge für längere Zeit als ein Jahr sind jedoch ordentlich kündbar, wenn sie nicht in schriftlicher Form geschlossen werden („Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig“). Schriftlich in diesem Sinne bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass alle wesentlichen Vertragsinhalte in der Vertragsurkunde zu dokumentieren sind („Einheitlichkeit der Urkunde“). Dabei ist zu beachten, dass nicht nur der Mietvertrag selbst, sondern auch sämtliche Änderungen dem Schriftformerfordernis unterliegen.
Wird die Schriftform somit nicht eingehalten, so kann der Mietvertrag von jeder Partei ordentlich gekündigt werden.
Ursprünglicher Zweck des Schriftformerfordernis war der Schutz des Erwerbers einer Immobilie, der sich informieren können soll, welche Vereinbarungen bestehen, in die er mit dem Erwerb auf der Vermieterseite als Partei eintritt. Die sog. Schriftformkündigung wurde jedoch in der Vergangenheit für vertragsunwillige Mieter und Vermieter als Gelegenheit genutzt, sich von einem (ungünstigen) Mietvertrag zu lösen.
Seit geraumer Zeit werden Überlegungen zur Neuregelung des Schriftformerfordernisses im Gewerbemietrecht angestellt.
Am 26.09.2024 hat der Bundestag nun das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz verabschiedet. Mit dem Gesetz möchte die Bundesregierung die Wirtschaft jährlich um 944 Millionen EUR entlasten. Dazu ist unter anderem vorgesehen, Formerfordernisse im Zivilrecht abzusenken. Das Gesetz schafft unter anderem das gesetzliche Schriftformgebot für längerfristige Gewerbemietverträge ab. Zukünftig soll (nur) das Textformgebot zu beachten sein. Der Begriff „Textform“ ist in § 126b BGB legal definiert: Diese erfordert, dass eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Mietverträge müssen nicht mehr ausgedruckt werden und eigenhändig unterschrieben werden, eine E-Mail, ein Telefax, ein Scanexemplar oder ein anderes elektronisches Dokument reichen künftig aus.
Durch die Herabstufung des Formerfordernisses auf Textform möchte der Gesetzgeber die Fälle von Schriftformkündigungen reduzieren. Dem Informations- und Dokumentationsbedürfnis werde auch unter Berücksichtigung des durch § 550 BGB bezweckten Erwerberschutz durch ein Textformerfordernis genügt.
Was sich auf den ersten Blick gut und vereinfachend anhört, führt aber im Detail zu einer Vielzahl offener Rechtsfragen. Es bleibt nämlich unklar, ob und inwieweit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Schriftformerfordernis auf das Textformerfordernis zu übertragen ist, um dem Informations- und Dokumentationsbedürfnis des Erwerbers zu genügen. Müssen wesentliche Anlagen weiter eine zweifelsfreie gedankliche Verbindung zum Mietvertrag haben? Ist die Bezugnahme auf den Mietvertrag (und bestehende Nachträge) in Nachträgen weiter nötig? Wie erfolgt die Bezugnahme in Nachträgen auf einen undatierten (weil nicht unterzeichneten Vertrag)?
Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Es ist davon auszugehen, dass er sich am 18.10.2024 damit befassen wird.
Sollte das Gesetz in der aktuellen Form in Kraft treten, gilt dann für neue Mietverträge das Textformgebot statt dem Schriftformgebot; für Bestandsmietverträge gilt eine Übergangsfrist von 12 Monaten, so dass bei einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis noch eine Schriftformkündigung möglich ist. Mietverträge müssen bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes unverändert schriftformgerecht abgeschlossen werden.
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