Anforderungen an die Verfahrensdokumentation
In beiden Fällen war die Dokumentation des öffentlichen Auftraggebers nicht nachvollziehbar und intransparent. Insbesondere konnte der Dokumentation nicht die erforderliche Prüfung der Angebote im Rahmen der Ausschreibung entnommen werden. Allerdings liegt es nach der einschlägigen vergaberechtlichen Rechtsprechung im Verantwortungs- und Pflichtenbereich einer Vergabestelle, den Verlauf eines Vergabeverfahrens transparent und nachvollziehbar zu dokumentieren. Zwar könnten Mängel der Dokumentation durch Vorbringen im Nachprüfungsverfahren sowie durch entsprechende Beweisantritte oder durch Aufklärung von Amts wegen nachträglich geklärt werden – so zumindest das OLG Naumburg. Ein Mangel in der Dokumentation führe allerdings dazu, dass bei der Bewertung des Vergabeverfahrens allen Vorgängen, deren Rekonstruktion misslinge bzw. mit Zweifeln behaftet bleibe, diejenige tatsächliche Alternative zugrunde zu legen sei, die nach dem unstreitigen Vorbringen und dem schlüssigen Vortrag der Antragstellerin möglich erscheine. Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf betont zudem, dass Inhalt eines Vergabevermerks zwingend die einzelnen Stufen eines Vergabeverfahrens, die maßgeblichen inhaltlichen Feststellungen und die Begründung der einzelnen Entscheidungen sein müssten. Die Angaben und mitgeteilten Gründen müssten dabei so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar seien. Dabei sei ein Vergabevermerk chronologisch zu fassen und müsse sich an der in der VOL/A Abschnitt 2 vorgeschriebenen Reihenfolge orientieren.
Nachteilige Auswirkung auf die Rechtsstellung des Antragstellers
Einschränkend weist die Vergabekammer Düsseldorf allerdings darauf hin, dass ein Bieter seinen Nachprüfungsantrag nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen könne, wenn sich die diesbezüglichen Mängel gerade auch auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben könnten. Wende sich ein Antragsteller mit seinem Nachprüfungsbegehren beispielsweise gegen die Angebotswertung, könne er sich in diesem Zusammenhang auf eine fehlerbehaftete Dokumentation nur insoweit berufen, wie diese gerade auch in Bezug auf die Wertung der Angebote unzureichend sei, d. h., die Wertung der Angebote anhand des Vergabevermerks nicht oder nicht hinreichend nachvollzogen werden könne.
Fazit
Den Vergabeakten kommt nach der Auffassung des OLG Naumburg eine negative Beweiswirkung zu: Enthalten sie über einen Prüfvorgang keinen Vermerk und kann dieser auch nicht im Rahmen des Verfahrens bewiesen werden, so ist davon auszugehen, dass er nicht stattgefunden hat. Während das OLG Naumburg eine Heilung der Dokumentationsmängel zulässt, ist die Vergabekammer Düsseldorf der Auffassung, dass ein öffentlicher Auftraggeber derartige Versäumnisse auch nicht nachträglich nachholen könne, da nachgeschobene Begründungen nicht der von äußeren Sachzwängen befreiten Entscheidungsposition entsprächen. Eine mangelnde Dokumentation birgt dementsprechend erhebliche Risiken. Einem öffentlichen Auftraggeber ist daher anzuraten, sich bei der Erstellung des Vergabevermerks streng an der nunmehr in § 30 VOL/A bzw. VOB/A 2006 aufgeführten „Checkliste“ zu orientieren und die dort genannten Angaben im Vergabevermerk zu notieren.