Fehlende Bestimmtheit als Risiko
Vage Verträge sind kein juristischer Begriff. Sie sind ein Phänomen, über das Unternehmer von Zeit zu Zeit stolpern. Allzu oft werden Verträge vage gehalten, wenn am Anfang eines Geschäfts alles rund lief:
Nach wenigen, aber fruchtbaren Akquise-Gesprächen ist es so weit. Der Kunde möchte genau das eine Unternehmen für die neue Anschaffung; er glaubt an das Unternehmen und an dessen Produkt. Er faxt seine Bestellung. Die Vertriebsmitarbeiter des Unternehmens schicken noch schnell die Auftragsbestätigung. Inhaltlich geben Bestellung und Auftragsbestätigung gleich wenig her: Das Unternehmen soll einen „Stahltank für Löschwasser“ liefern und aufstellen. An dieser Stelle bleibt der Vertrag offenkundig sehr vage.
Gesagt. Getan. Erst bei der Abnahme wird es offenbar: Das Unternehmen hat einen pulverbeschichteten liegenden Stahltank in lichtgrau aufgebaut; der Kunde wollte aber einen stehenden Tank in blau.
Jetzt ist guter Rat teuer und ein Streit vorprogrammiert: Das Unternehmen hatte Aufwand bis zur Abnahme, der Tank kann auch Löschwasser aufnehmen. Der Kunde ist wütend und möchte am liebsten gar nichts mehr mit dem Unternehmen zu tun haben. In dieser Situation Licht ins Dunkel zu bringen und am Ende zu entscheiden, wer Recht hat, ist eine Sache für sich. Nur ein Gericht kann das abschließend klären, für den Rest bleiben Zweifel.
Der Fall ist sicherlich etwas überspitzt und vereinfacht. Aber dennoch: Warum kommt es zu solchen (offenkundigen) Risiken aus vagen Verträgen?
Wir erleben es immer wieder, dass der Vertrieb gerade unter zeitlichem Druck der Kunden oder einer eigenen schlechten Auftragslage schnelle Abschlüsse zum Ziel hat. Es wird dann nicht mehr auf eine detaillierte vertragliche Grundlage gedrängt, sondern das rechtliche Risiko in Kauf genommen, um den Geschäftsabschluss zu beschleunigen. So entsteht ein vager Vertrag oft aus der Not, weil mit Schlagworten statt Leistungsverzeichnissen eine schnelle Abwicklung in greifbare Nähe zu rücken scheint.
Damit ist aber weder dem Kunden noch dem Unternehmen geholfen. Mit viel Glück sind die elementaren Details dennoch besprochen worden und irgendwo schriftlich verfügbar. Wenn viele Details fehlen, wird es unangenehm. Im Zweifel muss das Produkt so geliefert werden, wie es typischerweise vom Kunden erwartet werden darf. Was auch immer das heißt.
Doch was kann die Geschäftsleitung tun, um vage Vertragsabschlüsse im Unternehmen zu unterbinden?
1. Problembewusstsein für vage Verträge schaffen
Zentraler Angelpunkt ist es, ein „Unrechtsbewusstsein“ zu schaffen. Nur wer überhaupt weiß, dass er das Unternehmen einem Risiko aussetzt und unter Umständen der Kundenbeziehung schadet, kann sein Handeln überdenken.
2. Checkliste für richtige Verträge
Sanktionen sind manchmal unvermeidlich. Wen ein Mitarbeiter bewusst Risiken eingeht, kann es erforderlich werden, sich von ihm zu trennen. Im Vorfeld sollte eine Norm installiert werden, nach der sich Mitarbeiter richten müssen, z. B. durch eine konkrete Auftrags-Checkliste, die abgearbeitet werden muss, sei es als Teil des Arbeitsvertrags, als Betriebsvereinbarung oder als Einzelanweisung.
3. Verantwortlichkeit zurückholen
Nicht zuletzt bei höherwertigen Aufträgen sollte ggf. erwogen werden, dass nur noch ausgewählte Mitglieder der Führungsebenen diese Aufträge abschließen dürfen, z. B. bei besonderen Kunden oder allgemein bei einem bestimmten Auftragswert.
All diese Maßnahmen können helfen, die Abläufe im Unternehmen so zu strukturieren, dass der Vertrieb relativ rechtssicher mit der Vertragsanbahnung umgeht und bestimmte Risiken „nach oben“ verlagert werden. Einmal implementiert, sollte anschließend eine turnusmäßige Qualitätskontrolle eingeführt werden, bei der (anonym) Vertragsabschlüsse ausgewertet werden und alle betreffenden Mitarbeiter über typische Fehler informiert werden. Dies schärft das Problembewusstsein zusätzlich und führt zu einem globalen Lerneffekt.