Der erlaubte Hinweis auf die Austauschbarkeit mit (marktführendem) Konkurrenzprodukt
In unserem Beitrag „Ergänzungsprodukte“ – ein vielversprechender Markt mit Hürden“ hatten wir dargestellt, wie sich Verkäufer von Ergänzungsprodukten (wie Ersatzteile und Zubehör) immer wieder gegen Vertriebsbehinderungen durch die Hersteller der „Originalprodukte“ zur Wehr setzen müssen. Aber auch zwischen den Herstellern von Ergänzungsprodukten herrscht ein erheblicher Kampf um Marktanteile.
Ergänzungsprodukt wird mit Marke des Konkurrenten beworben
Der BGH (Urteil v. 02.04.2015 – I ZR 167/13) bestärkt in einer aktuellen Entscheidung nun in eindrucksvoller Weise die Rechte der No-Name-Hersteller bei der Bewerbung ihrer Produkte. In dem konkreten Fall hatte ein Hersteller von Staubsaugerbeuteln in einer Internet-Werbung die eigenen Produkte jeweils den Typenbezeichnungen der vergleichbaren Staubsaugerbeutel des Marktführers swirl gegenübergestellt („ähnlich Swirl PH 55“). Die Besonderheit in dem Sachverhalt lag auch darin, dass swirl selbst kein Hersteller von Staubsaugern, sondern der bekannteste Wettbewerber beim Zubehörprodukt „Staubsaugerbeutel“ ist. Der No-Name-Hersteller erläuterte die Verwendungsmöglichkeit seiner Produkte nicht durch die Angabe von Firmen- und Typenbezeichnungen der jeweils kompatiblen Staubsauger, sondern durch Nennung des marktstärksten Konkurrenzproduktes. Er betonte damit die Austauchbarkeit seines Produktes mit den Produkten des marktführenden Wettbewerbers. .
Swirl störte dabei besonders die Tatsache, dass die Nennung der eigenen Marke dem No-Name-Herstellers einen ganz erheblichen Vorteil bei der Suchmaschinenrecherchen durch die Kunden bescherte. Das Unternehmen sah in der Werbung des No-Name-Herstellers eine unlautere Nutzung und Rufausbeutung der bekannten Marke „swirl“ und zog vor Gericht.
In der ersten Instanz noch erfolgreich, erlitt Swirl vor dem OLG Düsseldorf dann allerdings eine Niederlage, die schließlich vom BGH bestätigt wurde.
Hinweis auf die Austauschbarkeit ist erlaubt
Der BGH erklärte die angegriffene Werbung für zulässig und begründete dies u. a., wie folgt:
Der No-Name-Konkurrent bediene sich in seiner Werbung zwar einer bekannten Marke und profitiere damit ohne Zweifel auch von ihrer Bekanntheit.
Die Benutzung einer fremden Marke sei aber nicht zu beanstanden, wenn sie im Rahmen einer vergleichenden Werbung nach § 6 UWG erfolgt. Eine vergleichende Werbung sei aber grundsätzlich zulässig, wenn sie „wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften der in die Gegenüberstellung einbezogenen konkurrierenden Produkte vergleicht und nicht irreführend ist.“Durch die Nennung des Konkurrenzproduktes dürfe darüber hinaus keine Verwechslungsgefahr zwischen den verglichenen Produkten hervorgerufen werden. Auch sei es nicht erlaubt, den Ruf der in Bezug genommenen Marke unlauter auszunutzen oder den Wettbewerber herabzusetzen.
Nach dem Urteil des BGH wirbt der No-Name-Hersteller unter Berücksichtigung der oben genannten Punkte rechtmäßig. Das Anbieten der eigenen Produkte unter Verweis auf das jeweils austauschbare Konkurrenzprodukt stelle eine vergleichende Werbung dar. Die Austauschbarkeit, d.h. die funktionelle Gleichwertigkeit, stelle eine wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaft des Staubsaugerbeutels dar, die Gegenstand einer vergleichenden Werbung sein darf.
Dem Verbraucher sei auch klar, dass es sich bei den beworbenen No-Name-Produkten auch nicht um die Produkte des bekannten Wettbewerbes handele. Der BGH verneint daher zurecht auch das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr.
Bemerkenswert – und für die betroffenen Marktführer sicherlich schwer zu verdauen – sind dann aber die langen Ausführungen, mit denen der BGH zwar eine Ausnutzung des guten Rufs von swirl bestätigt, die Unlauterkeit dieser Rufausnutzung jedoch verneint.
Dabei bestätigt der BGH zunächst die Auffassung von swirl, dass der No-Name-Konkurrent gezielt die Bekanntheit und den guten Ruf der Marke „swirl“ ausnutze. Wer im Internet nach „swirl“ suche, finde in vorderer Platzierung auf der Trefferliste nun die Bewerbung der No-Name-Produkte. Auch würde durch die Bezugnahme auf eine Marke, die für Qualitätsstaubsaugerbeutel stehe, ein gewisser Qualitätstransfer vorgenommen.
Dies alles sei aber nicht unlauter. Wer einen Vergleich nur dadurch vornehmen könne, dass er die Marke, Artikelnummern oder Bestellnummern des Mitbewerbers nennt, dürfe dies grundsätzlich tun. Dem ist zuzustimmen, da ihm anderenfalls das Recht auf eine vergleichende Werbung von verwehrt. Die Problematik liegt hier darin, dass der Vergleich mit dem marktführenden Staubsaugerbeutel lediglich den Zweck verfolgt, den Verbraucher in Kenntnis zu setzen, mit welchem Staubsauger der No-Name-Beutel kompatibel ist. Ein darüber hinausgehender Qualitätsvergleich mit dem Wettbewerbsprodukt erfolgt schließlich nicht. Es geht nicht darum, eine besondere Leistungsfähigkeit oder preisliche Vorteile gegenüber dem Konkurrenzprodukt hervorzuheben. Aber auch dies führt nach dem Urteil des BGH noch nicht zur Unlauterkeit des Vergleichs. Schließlich sei davon auszugehen, dass viele Verbraucher zwar nicht die Typenbezeichnung ihres Staubsaugers kennen würden, aber genau wissen, welches swirl-Produkt in ihren Staubsauger passt. Eine ausreichende Information interessierter Verbraucher könne somit nur durch die Benennung des Konkurrenzproduktes erfolgen. Dabei weist der BGH auch darauf hin, dass die vergleichende Werbung nach der Rechtsprechung des BGH den Verbrauchern die Möglichkeit geben soll, „aus dem Binnenmarkt größtmöglichen Vorteil zu ziehen“.
Fazit
Um den Verbrauchern den Verwendungszweck des eigenen Produktes vor Augen zu führen, kann es zulässig sein, in der Werbung auf das marktführende Austauschprodukt eines Mitbewerbers hinzuweisen. Gerade in der Online-Werbung, in der Suchmaschinen über die Auffindbarkeit der eigenen Werbung entscheiden, können sich für den No-Name-Hersteller, der einen Markt neu erschließen möchte, ganz erhebliche Vorteile ergeben.