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Eintrag
LAG Berlin-Brandenburg: Häusliche Umkleidezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit
13.01.2020 Adrianus de Kruijff, Dr. Norbert Windeln

LAG Berlin-Brandenburg: Häusliche Umkleidezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit

Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 21.08.2019 (Az. 15 Sa 575/19) entschieden, dass häusliche Umkleidezeiten vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellen können.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Wachpolizist, wurde von dem beklagten Land an zahlreichen Objekten eingesetzt, die weder über einen abschließbaren Spind noch über nach Geschlechter getrennte Umkleideräume verfügten. Der Kläger zog seine Uniform zu Hause an und begehrte die Feststellung, dass die hierfür aufgewendete Zeit als Arbeitszeit zu vergüten ist.

Entscheidung des Gerichts

Das LAG Berlin-Brandenburg gab der Klage statt. Eine vergütungspflichtige Arbeitszeit sei gegeben, wenn im Betrieb des Arbeitgebers keine zumutbare Umkleidemöglichkeit vorhanden sei und der Arbeitnehmer seine besonders auffällige Dienstkleidung zu Hause an- und ablege.

Kontext der Entscheidung

Nach der Rechtsprechung des BAG ist das maßgebliche Kriterium dafür, ob Umkleidezeiten Bestandteil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung und damit vergütungspflichtig sind, deren Fremdnützigkeit. Dient das Umkleiden ausschließlich dem fremden Bedürfnis des Arbeitgebers und nicht zugleich dem eigenen des Arbeitnehmers, ist die hierfür aufgewandte Zeit zu vergüten. Das BAG sieht diese Voraussetzung dann als erfüllt an, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Umkleiden im Betrieb verpflichtet. Außerdem sei die Fremdnützigkeit von Umkleidezeiten bei besonders auffälliger Dienstkleidung in aller Regel gegeben, weil der Arbeitnehmer an der Offenlegung seiner Tätigkeit gegenüber Dritten außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares Interesse habe.

Letzteres gelte allerdings dann nicht, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet sei, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich dafür entscheide, diese bereits zu Hause an- und abzulegen. Da sich der Arbeitnehmer in einem solchen Fall aus selbstbestimmten Gründen gegen das Umkleiden im Betrieb entscheide, diene es jedenfalls nicht ausschließlich einem fremden Bedürfnis.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat im vorliegenden Fall die Fremdnützigkeit des Umziehens zu Hause deswegen bejaht, weil der Arbeitnehmer mangels Wahlmöglichkeit – eine zumutbare Umkleidemöglichkeit im Betrieb gab es nicht – nicht selbstbestimmt gehandelt haben soll.

Mögliche Folgeprobleme

Ob sich die Rechtsauffassung des LAG Berlin-Brandenburg, wonach also auch Umkleidezeiten in häuslicher Umgebung ausnahmsweise Arbeitszeit sein können, durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Sollte dies der Fall sein, so führt dies unweigerlich zu Folgeproblemen:

Problematisch erscheint beispielsweise die Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes. Vergütungspflichtige Umkleidezeit stellt nach der Rechtsprechung des BAG auch Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes dar, sodass sie etwa bei der werktäglichen Höchstarbeitszeit zu berücksichtigen ist. Zudem muss die ununterbrochene elfstündige Ruhezeit des § 5 Abs. 1 ArbZG für Arbeitnehmer wie dem Wachpolizisten im Fall des LAG Berlin-Brandenburg bis zum Anlegen der Dienstkleidung zu Hause abgelaufen sein. Dies wird jedenfalls dann nicht immer möglich sein, wenn der Arbeitnehmer einen längeren Zeitraum zur Überwindung seines Arbeitsweges benötigt.

Hinsichtlich des Arbeitsweges stellt sich sodann die Frage, ob die hierfür benötigte Zeit ebenfalls vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellt. Dies ist grundsätzlich nicht der Fall und auch das LAG Berlin-Brandenburg verneinte vorliegend die Vergütungspflicht. Da die für innerbetriebliche Wege zwischen Umkleideraum und Arbeitsstelle aufgewendete Zeit als Arbeitszeit angesehen werden kann, hätte die Argumentation allerdings auch anders ausfallen können.

Letztlich dürfte auch die Dokumentation der zu Hause aufgewendeten Umkleidezeit für den Arbeitgeber Schwierigkeiten bereiten, für die gemäß § 16 Abs. 2 ArbZG jedenfalls dann eine Verpflichtung besteht, wenn werktäglich mehr als acht Stunden gearbeitet wird. Weitergehende Dokumentationspflichten hinsichtlich der Arbeitszeit bestehen nach § 19 Abs. 1 AEntG für Branchen mit einem eigenen Mindestlohn, wie etwa aktuell wieder in der Abfallwirtschaft. Hier sind stets Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit zu dokumentieren.

Praxishinweis

Sofern nichts anderes geregelt ist, sind vergütungspflichtige Umkleidezeiten wie reguläre Arbeit zu vergüten. Rechtlich möglich wäre es demgegenüber auch, für den Umkleidevorgang – unabhängig von der Dauer im Einzelfall – eine Pauschalvergütung zu regeln.

Weit verbreitet sind zudem Regelungen, die dem Umkleidevorgang einen pauschalen Zeitumfang zuweisen, ohne die tatsächlich aufgewendete Zeit zu berücksichtigen. Derartige Regelungen sind zwar praktikabel, jedoch rechtlich bedenklich. Jeder Arbeitnehmer schuldet nur so gut und so schnell zu arbeiten, wie er kann. Dieser subjektive Maßstab gilt auch für das vergütungspflichtige Umkleiden. Wird damit etwa eine Pauschale von fünf Minuten für das Umziehen gewährt, benötigt ein Arbeitnehmer jedoch unter Ausschöpfung seiner subjektiven Leitungsfähigkeit tatsächlich sieben Minuten, so beträgt die vergütungspflichtige Arbeitszeit für diesen Arbeitnehmer auch sieben Minuten; auch arbeitszeitrechtlich wären die in dem Beispiel tatsächlich benötigten sieben Minuten und nicht etwa die der Pauschalierung zugrunde gelegten fünf Minuten relevant.

Ungeachtet der rechtlichen Wirksamkeitsbedenken von Pauschallösungen erfüllen diese in der Praxis den Zweck, dass Arbeitnehmer in aller Regel davon Abstand nehmen, ihre (vermeintlich weitergehenden) Ansprüche auf Vergütung der Umkleidezeit streitig geltend zu machen.

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Autor:innen

Adrianus de Kruijff
Fachanwalt für Arbeitsrecht / Köln
Zur Person
Dr. Norbert Windeln
Fachanwalt für Arbeitsrecht / Köln
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